Köln (epd). Die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) warnt vor einer Entfremdung zwischen Bürgern und Staat. Ausschreitungen wie in Stuttgart vor einem Monat oder Angriffe auf Polizisten seien, "so fürchte ich, die Spitze eines Eisbergs", schreibt Reker in einem Gastbeitrag für den "Kölner Stadt-Anzeiger" (Montag). Neben einem harten Durchgreifen durch den "sanktionierenden Rechtsstaat" fordert sie auch eine Stärkung des Gemeinsinns und der Mitverantwortung.
Die politischen und gesellschaftlichen Anstrengungen müssen sich nach Ansicht des Kölner Stadtoberhaupts dabei auf die Kommunen als Keimzellen der Demokratie konzentrieren. Es sei ein Denkfehler, von den Städten und Gemeinden als der untersten staatlichen Ebene zu sprechen, kritisiert Reker. "Ich meine, wir brauchen ein Denken, das die Kommune als den wichtigsten Ort im Verhältnis von Bürger und Staat anerkennt", betonte die Politikerin. "Die Kommune ist nicht die unterste Ebene des Staates. Sie ist die nächste Ebene - der Ort, an dem der Staat ganz nah dran ist an den Bürgerinnen und Bürgern."
Reker, die sich im September zur Wiederwahl als Oberbürgermeisterin der viertgrößten Stadt Deutschlands stellt, schlägt zudem vor, die in der Corona-Krise eingeübte virtuelle Kommunikation zu verstetigen, um eine stärkere Mitwirkung der Bürger an der Politik zu erreichen. "Die Digitalisierung sollten wir dazu nutzen, auch die Kommunalpolitik grundsätzlich zugänglicher zu machen. Die Vereinbarkeit von Familie und politischem Engagement etwa kann durch digitale Formate erheblich verbessert werden."