Hannover, Mainz (epd). Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) will eine Studie zu Polizeiarbeit und Rassismus notfalls ohne die Bundesregierung im Verbund mehrerer Bundesländer erstellen lassen. Dabei gehe es ihm allerdings nicht um eine allgemein gehaltene Studie, erläuterte Pistorius am Freitag dem epd. Vielmehr solle deutlich werden, "wie groß das Risiko von Racial Profiling ist und wodurch es womöglich begünstigt wird". Der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz (SPD) reagierte zurückhaltend auf den Vorschlag.
Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hatte eine Studie zum sogenannten Racial Profiling jüngst vorläufig abgesagt. Die Untersuchung war der Bundesregierung von der Kommission gegen Rassismus und Intoleranz des Europarats nahegelegt worden. Racial Profiling besteht in anlasslosen Personenkontrollen der Polizei aufgrund äußerer Merkmale eines Menschen wie der Hautfarbe.
Lewentz erklärte am Freitag in Mainz, aktuell halte er eine solche Studie nicht für "zwingend erforderlich". In den rheinland-pfälzischen Dienststellen würden Extremismus und Rassismus nicht geduldet, versicherte er. Alle Bewerber für den Polizeidienst würden durch eine Abfrage beim Verfassungsschutz überprüft. "Diskriminierungsfreies Handeln" sei fester Bestandteil der Ausbildung. Rheinland-Pfalz habe als erstes Bundesland eine unabhängige parlamentarische Anlaufstelle für Beschwerden über die Polizei eingerichtet, fügte er an. In den vergangenen beiden Jahren habe es lediglich einen Fall gegeben, in dem der Vorwurf eines rassistischen Übergriffs gegen Polizeibeamte erhoben wurde. Dieser habe sich aber nicht bestätigt.
Lewentz sagte weiter, sollten die Polizeigewerkschaften eine solche Studie als "vertrauensbildende Maßnahme" selbst einfordern, sei er aber offen dafür. Auch Pistorius will die Gewerkschaften beteiligen. Die Gewerkschaft der Polizei in Niedersachsen begrüßte dies, forderte aber zugleich eine differenzierte Debatte und wies Rassismusvorwürfe zurück.
Der stellvertretende Vorsitzende des GdP in Niedersachsen, Kevin Komolka, sagte: "Sollte tatsächlich eine solche Studie kommen, so können wir ihr gelassen entgegensehen." Mit Blick auf Racial Profiling sehe aber auch die Gewerkschaft Handlungsbedarf. "Es muss der Ursache auf den Grund gegangen werden, warum die Polizei in ihrem Handeln als rassistisch wahrgenommen wird. Dazu müssen wir uns die Gesetze und Vorschriften anschauen, deren Anwendung womöglich dazu beiträgt, dass dieser Eindruck entsteht."
Pistorius sagte, um ein repräsentatives Bild zu gewinnen, müsse die Untersuchung mehrere Bundesländer umfassen und nicht nur Niedersachsen. Er werde versuchen, seine Kollegen in den Ländern im Herbst von einer gemeinsamen Studie zu überzeugen, sagte der SPD-Politiker der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Freitag), die zuerst berichtet hatte.
Er betonte, dass bei der Polizeiarbeit wie bei jeder anderen Tätigkeit die Gefahr bestehe, Stereotypen zu erliegen. Gleichzeitig sei dies aber nicht immer automatisch der Fall. "Wenn Sie in einem bestimmten Gebiet immer mit einer gleichen ethnischen Gruppe zu tun haben, die dort dealt, dann kann es sinnvoll sein, Zugehörige zu dieser Gruppe und vermutlich Zugehörige häufiger zu kontrollieren als beliebige Passanten. Das ist kein Racial Profiling."