Berlin (epd). Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) und Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) sehen die Voraussetzungen für ein Lieferkettengesetz gegen ausbeuterische Arbeitsverhältnisse im Ausland erfüllt. Umfragen bei großen deutschen Firmen hätten gezeigt, "dass Freiwilligkeit nicht ausreicht", erklärte Heil am Dienstag in Berlin. "An der Verantwortung für Menschenrechte führt kein Weg vorbei." Müller bezeichnete das Ergebnis der Firmenbefragungen als "enttäuschend". "Die Ausbeutung von Mensch und Natur sowie Kinderarbeit darf nicht zur Grundlage einer globalen Wirtschaft und unseres Wohlstandes werden."
Das Lieferkettengesetz geht auf den "Nationalen Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte" (NAP) aus dem Jahr 2016 zurück, der auch im Koalitionsvertrag bekräftigt wird. Dieser sieht folgendes vor: Wenn sich bis 2020 herausstellt, dass weniger als die Hälfte der großen Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten ihrer menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht nachkommen, sollen "weitergehende Schritte bis hin zu gesetzlichen Maßnahmen" geprüft werden. Dazu liefen seit dem vergangenen Sommer Umfragen zur Selbsteinschätzung deutscher Unternehmen.
Am Dienstag wurden im Interministeriellen Ausschuss der Bundesregierung die Ergebnisse vorgestellt: Von rund 2.250 befragten Unternehmen in einer zweiten Fragerunde haben gerade einmal 455 Firmen gültige Antworten eingereicht. Deutlich weniger als 50 Prozent kämen ihrer unternehmerischen Sorgfaltspflicht nach, hieß es. In der ersten Runde der Umfragen sah es ähnlich aus: nur 465 von 3.300 angeschriebenen Unternehmen hatten den Fragebogen ausgefüllt, davon erfüllten nur 18 Prozent die Vorgaben.
Müller und Heil wollten schon seit Monaten Eckpunkte für ein Lieferkettengesetz vorlegen, mussten aber noch auf das Ergebnis der Umfragen warten. Nach den Plänen der Minister können große Firmen haftbar gemacht werden, wenn sie mit ausländischen Partnern zusammenarbeiten, die zum Beispiel Kinder ausbeuten oder Hungerlöhne zahlen. Ziel der Minister ist es, noch in dieser Legislaturperiode zu einem Gesetz zu kommen. Das Wirtschaftsministerium, das dem kritisch gegenübersteht, warnt aber: "Schnellschüsse verbieten sich bei so wichtigen Themen wie diesem", erklärte eine Sprecherin.