Berlin (epd). Die FDP hat die Bundesregierung aufgefordert, rasch mögliche Sterbefälle wegen unbehandelter Krankheiten während der Corona-Beschränkungen im Frühjahr zu untersuchen. "Wir müssen jetzt schnell wissen, zu welchen Kollateralschäden die Pandemie im Gesundheitswesen geführt hat", sagte der FDP-Gesundheitsexperte Andrew Ullmann der "Augsburger Allgemeinen" (Donnerstag). Er verwies auf die Antwort des Bundesgesundheitsministeriums auf eine Anfrage der FDP-Fraktion, wonach zwischen der letzten Märzwoche und Ende April eine statistische Übersterblichkeit zu verzeichnen war.
Demnach lagen die Sterbefälle in den Kalenderwochen 13 bis 18 um insgesamt 7.486 Sterbefälle höher als im Durchschnitt der Jahre 2016 bis 2019. Davon seien 7.083 Verstorbene laborbestätigt an Covid-19 erkrankt gewesen, erklärte das Gesundheitsministerium unter Verweis auf eine Sonderauswertung des Statistischen Bundesamtes von Juni. "Auf welche Ursachen die verbleibenden 403 zusätzlichen Todesfälle zurückzuführen sind, ist der Bundesregierung nicht bekannt", hieß es. "Bislang liegen für Deutschland keine gesicherten Daten dazu vor, in welchem Umfang Krankheiten wegen Covid-19 nicht behandelt wurden."
Das Statistische Bundesamt betonte den Angaben zufolge zudem, dass die Sterbefallzahlen erste vorläufige Daten beinhalten. Für eine abschließende Einordnung der Übersterblichkeit müsse der gesamte Jahresverlauf betrachtet werden.
Ullmann sagte der "Augsburger Allgemeinen", die zuerst über die Zahlen berichtet hatte, die Daten von Kassen und Kliniken müssten dringend ausgewertet werden. Die Erfahrungen aus dem Frühjahr sollten rechtzeitig vor einer möglichen zweiten Welle nutzbar gemacht werden, forderte der Medizinprofessor für Infektiologie an der Würzburger Uniklinik. Er forderte die Bundesregierung auf, Ängsten von Patienten vor einem Krankenhausbesuch entgegenzutreten.
Das Gesundheitsministerium betonte in der Antwort auf die FDP-Anfrage, die Bundesregierung habe bei allen Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie immer wieder darauf hingewiesen, dass notwendige Untersuchungen und Therapien weiter erbracht werden könnten. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung habe dem Ministerium wiederholt bestätigt, dass die Versorgung aus ihrer Sicht sichergestellt sei. Der Zugang zu ambulanten ärztlichen Notdienstpraxen sei demnach ebenfalls zu jedem Zeitpunkt gewährleistet gewesen, auch der Deutschen Krankenhausgesellschaft lägen keine Erkenntnisse über besondere Kapazitätsengpässe infolge der Pandemie vor.