Brasiliens Präsident Bolsonaro trotzt seiner Corona-Infektion
Fotos zeigen, wie der Präsident Anhänger umarmt, Hände schüttelt und Selfies machen lässt. Der brasilianische Staatschef Bolsonaro verharmlost Corona, obwohl die Todeszahlen in seinem Land dramatisch steigen. Jetzt ist er selbst infiziert.
08.07.2020
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Von Susann Kreutzmann (epd)

Berlin, São Paulo (epd). Der brasilianische Präsident Jair Bolsonaro gibt wieder einmal den starken Mann. Trotz seiner Corona-Infektion will der 65-jährige Staatschef die Amtsgeschäfte weiter aus dem Präsidentenpalast in Brasília führen. "Ich werde mit Video-Konferenzen weitermachen und auch Papiere unterzeichnen", sagte der rechtsextreme Politiker am Dienstagabend (Ortszeit) laut der Tageszeitung "Folha de São Paulo". Alle persönlichen Treffen seien jedoch für die kommenden zwei Wochen abgesagt. Bolsonaro hatte am Dienstag seinen positiven Test auf Covid-19 bekanntgegeben. Zuvor waren bei ihm Symptome wie leichtes Fieber, Gliederschmerzen und Husten aufgetreten.

Vor TV-Kameras sagte Bolsonaro, dass es ihm gutgehe. Er sei früher schließlich Athlet gewesen. Der Staatschef bestätigte auch, dass er das Medikament Hydroxychloroquin einnehme. Das Malaria-Mittel gilt allerdings aktuellen Studien zufolge als nicht wirksam bei einer Covid-19-Infektion. Auch US-Präsident Donald Trump gilt als Verfechter des umstrittenen Medikaments.

Brasilien hat mehr als 1,7 Millionen erfasste Corona-Infektionen mit fast 67.000 Toten und ist damit nach den USA weltweit am schwersten von der Pandemie getroffen. Trotz der dramatischen Situation hatte Bolsonaro die Pandemie kontinuierlich als "kleine Grippe" verharmlost. Er widersetzte sich den Abstands- und Maskenregeln sowie anderen Hygienemaßnahmen. Derweil steigen die Infektions- und Sterbezahlen in dem südamerikanischen Land weiter dramatisch an.

Am Dienstagabend wurden allein in 24 Stunden 1.312 Tote nach einer Corona-Infektion gemeldet. Experten gehen davon aus, das die wahren Zahlen um ein Vielfaches höher sind, da sehr wenig getestet wird.

Brasilianische Medien errechneten, dass Bolsonaro in zwei Wochen mit Hunderten Menschen persönlich Kontakt hatte. "Mindestens 66 Politiker, Unternehmer und andere Persönlichkeiten haben in dieser Zeit den Präsidenten persönlich getroffen", schreibt "Folha de São Paulo". Bolsonaro trug zumeist keine Maske. Zudem zeigen Fotos, wie der Präsident seine Anhänger umarmt, Hände schüttelt und Selfies machen lässt. In der Hauptstadt Brasília besteht nach einem Dekret der Regionalregierung in der Öffentlichkeit Maskenpflicht.

Zahlreiche Manager und 13 Minister, die mit Bolsonaro zusammengekommen waren, hätten sich jetzt vorsorglich in Quarantäne begeben und testen lassen, berichten Medien. Bolsonaros ehemaliger Gesundheitsminister Luiz Henrique Mandetta erklärte: Es sei eigentlich nur eine Frage der Zeit gewesen, bis sich Bolsonaro selbst infiziert.

In der Bevölkerung sind die Zustimmungswerte des Präsidenten seit Beginn der Pandemie rapide gesunken. Trotz der vielen Infektionen hatte Bolsonaro die Regionalregierungen bedrängt, den Einzelhandel wieder zu öffnen. Schönheitssalons und Fitnesscenter erklärte er für systemrelevant. In der vergangenen Woche legte er sein Veto gegen eine vom Kongress beschlossene landesweite Maskenpflicht in öffentlichen Einrichtungen und im Nahverkehr ein. Er nahm zwei Artikel, die zum Tragen von Masken in öffentlichen Einrichtungen, Geschäften und Kirchen verpflichten, aus dem Gesetz.

Zwei Gesundheitsminister, beides Ärzte, sind im Streit mit Bolsonaro bereits gegangen. Aktuell wird das Gesundheitsministerium von einem Militär ohne medizinische Vorkenntnisse, General Eduardo Pazuello, geführt.