Dicht an dicht stehen die Menschen, es herrscht großes Gedränge, wenn jedes Jahr am Keilberg an der Ruine der Kapelle St. Ottmar und Ottilien im Nürnberger Land Kirchweih gefeiert wird. Eine solche Massenveranstaltung ist im Pandemie-Jahr natürlich nicht denkbar. Aber ausgerechnet wegen einer Pest haben die Vorfahren diese Kapelle errichtet, berichtet Kreisheimatpfleger Robert Giersch aus Offenhausen, das unterhalb des Keilbergs liegt.
1436 seien viele Tausend Menschen vor allem in den Städten an der Pest gestorben. Weil die Seuche ihr Dorf verschont hatte, wollten die Bewohner von Offenhausen mit dem Bau einer Kapelle "Gott ihre Dankbarkeit ausdrücken", sagt Giersch. Allerdings kam der Bau erst rund zehn Jahre später zustande, weil die Klosterfrauen im benachbarten Engelthaler Kloster fürchteten, dass ihnen die Kollekten-Einnahmen verloren gehen.
Die fast 25 Meter lange Kapelle hatte nur wenige Jahre Bestand, denn bereits im Markgrafenkrieg 1449 wurde sie zerstört. Im 17. Jahrhundert stellten die Bewohner an den idyllischen Fleck einen Wachtturm. Der dient heutzutage dem Pfarrer bei der Kirchweih als Kanzel.
Im Jahr 2020 wollte bei dem Ereignis der bayerische evangelische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm dabei sein. Aber wieder herrscht eine Epidemie. Corona versetzt seit diesem Frühjahr die Gesellschaft in tiefen Schrecken. Alle Kirchweihen fallen aus. Auch die Keilberg-Kirchweih, die im Jahre 1756 vom damaligen evangelischen Pfarrer Andreas Würfel ins Leben gerufen wurde.
Das heutige Pfarrersehepaar von Offenhausen, zu deren Gemeindegebiet der Keilberg gehört, Martin und Ann-Sophie Hoepfner, plant mit seiner Gemeinde daher ein Alternativprogramm: Es soll vier Gottesdienste am eigentlichen Kirchweihsonntag (12. Juli) rund um den Keilberg geben, berichtet Hoepfner. Mit dem Traktor solle die Fahrt von Offenhausen über Kucha und Egensbach bis zurück nach Offenhausen gehen. Aber Martin Hoepfner war unsicher, ob der prominente Gast trotzdem kommen würde. Doch er kommt.
Bedford-Strohm wird gemeinsam mit dem Pfarrersehepaar auf einem Traktor-Gespann von Kurzgottesdienst zu Kurzgottesdienst fahren. Die Teilnahme an den vier Freiluft-Gottesdiensten am Sportplatz Offenhausen (9 Uhr), in Kucha am Landjugendhaus (10 Uhr), auf der "Moosburger Wiese" in Egensbach (11 Uhr) und um 12 Uhr wieder am Sportplatz ist aber nur nach vorheriger telefonischer Anmeldung möglich.
Für die Organisatoren in Offenhausen war jedenfalls Flexibilität gefragt, denn Corona-Maßnahmen für Gottesdienste hat die Staatsregierung inzwischen wieder geändert. Auf einmal dürfen 200 Leute im Freien Gottesdienst feiern, bis vor kurzem galt noch die Obergrenze 100. Es mussten neue Orte für die Gottesdienste gefunden werden, damit alle, die sich anmelden, auch einen Platz bekommen. Zum Beispiel sollte ursprünglich der 35-minütige Gottesdienst in Kucha an der Kneippanlage stattfinden, aber dort würde es für 200 Leute zu eng, stellt Hoepfner fest.
Geändert hat die Staatsregierung inzwischen auch die Maskentrageregelung. Im Gottesdienst dürfen die Besucher sie jetzt absetzen. Der Pfarrer war aber bereits kreativ und hat eigene Masken für die Alternativ-Kirchweih designt, wie er verrät. Auf ihnen wird der schelmische Satz stehen: "geliebt und getragen". Selbstverständlich bekommt auch Bedford-Strohm einen solchen Mund-Nasen-Schutz.