Berlin (epd). Unter besseren Voraussetzungen könnten sich mehr Jugendliche vorstellen, später in der Pflege oder in einer Kita zu arbeiten. Das geht aus einer repräsentativen Befragung hervor, deren Ergebnisse Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) am Dienstag in Berlin vorgestellt hat. "Wir brauchen dringend Nachwuchs für die Pflege und die frühe Bildung", sagte Giffey. Die Umfrage zeige, es sei nicht so, dass junge Leute diese Arbeit nicht machen wollten. Man müsse aber bei der Aufwertung der Berufe vorankommen, sagte Giffey. Wichtige Hebel seien mehr Gehalt, bessere Arbeitsbedingungen und Aufstiegsmöglichkeiten.
Jugendliche haben der Umfrage des Sinus-Instituts für Markt- und Sozialforschung zufolge ein realistisches Bild von den Berufen, die in der Corona-Krise besonders ins Blickfeld gerückt sind. Drei Viertel der Befragten halten die Arbeit für anspruchsvoll. 84 Prozent erklären, sie könne gleichermaßen von Männern wie Frauen verrichtet werden. Rund 80 Prozent der Jugendlichen sagen, das Gehalt sei aber zu gering für das, was die Menschen leisten. Die Aufstiegsmöglichkeiten werden von der Hälfte als schlecht eingeschätzt, im Erzieherberuf mit 56 Prozent noch schlechter als in der Pflege (48 Prozent).
Nur eine sehr kleine Gruppe von sechs Prozent (Kinderbetreuung) und vier Prozent (Pflege) erklärte in der Umfrage denn auch, den Beruf tatsächlich ins Auge zu fassen, weit überwiegend junge Frauen mit niedriger und mittlerer Schulbildung. Mehr junge Männer und Jugendliche mit höheren Schulabschlüssen könnten gewonnen werden, wenn die Bedingungen besser wären, heißt es in der Studie.
Soziales und Pädagogik sowie Gesundheit und Pflege zählen demnach durchaus zu den beliebten Berufsfeldern. Die Jugendlichen locken vor allem Verantwortung und die Aussicht, etwas Gutes bewirken zu können. Aber die Hälfte der Befragten gibt an, er oder sie wisse von Menschen aus ihrem Umfeld, was es bedeute, in der Pflege oder im Erzieherberuf zu arbeiten.
Giffey forderte insbesondere die Länder auf, mehr für die Erzieherausbildung zu tun. Die Ausbildungskapazitäten müssten verdoppelt werden. Aber noch immer erhielten nur 30 Prozent der angehenden Erzieher eine Ausbildungsvergütung, vielerorts werde noch Schulgeld verlangt. Dabei handele es sich um Mangelberufe, sagte Giffey.
In der Pflege ist Schulgeld auch erst seit diesem Jahr überall abgeschafft. In der Krankenpflege verdienen Fachkräfte im Durchschnitt 3.400 Euro, in der Altenpflege nur knapp 2.900 Euro auf einer Vollzeitstelle. Die Einstiegsgehälter für Erzieherinnen liegen bei 2.800 Euro brutto, am oberen Ende können Leiterinnen großer Kitas schließlich bis zu 3.000 Euro mehr verdienen.
Für die Studie wurden zwischen März und Mai 2020 jeweils rund 1.000 repräsentativ ausgewählte Jugendliche zwischen 14 und 20 Jahren zu ihrer Haltung zum Erzieher- beziehungsweise Pflegeberuf online und zum Teil in Interviews befragt. Die vollständige Studie soll Mitte August vorliegen.