Frankfurt a.M. (epd). Aus Opposition und Wissenschaft kommt weiter Kritik an der Entscheidung von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU), auf eine Studie zum Racial Profiling bei der Polizei zu verzichten. Die Grünen-Politikerin Irene Mihalic sagte am Dienstag, im Radiosender Bayern 2, sie finde Seehofers Begründung "abenteuerlich, dass er sagt, Racial Profiling werde ja weder praktiziert noch sei es erlaubt, und deswegen brauchte man dazu auch keine Studie". Der Polizeiwissenschaftler Rafael Behr sagte, Seehofer habe auf höchster Ebene verhindert, dass überhaupt Forschung geschieht.
Eine Studie zu anlasslosen Personenkontrollen der Polizei aufgrund äußerer Merkmale eines Menschen war der Bundesregierung im März in einem Bericht der Europäischen Kommission gegen Rassismus und Intoleranz nahelegt worden. Seehofer hatte eine solche Studie vorläufig abgesagt und angekündigt, zunächst andere, bereits geplante Maßnahmen gegen Rassismus und Rechtsextremismus umsetzen zu wollen. Die Praxis des Racial Profiling ist als diskriminierend geächtet, auch in Deutschland. Dennoch berichten Betroffene immer wieder, dass sie etwa als einziger Schwarzer unter mehreren Menschen von der Polizei kontrolliert wurden.
Nur weil Racial Profiling verboten sei, "heißt das nicht, dass es das nicht gibt", sagte die Innenpolitikerin Mihalic. Bisher könne man sagen: "Es sind verdammt viele Einzelfälle. Und für meinen Geschmack zu viele Einzelfälle. Gerade deswegen wäre es so wichtig zu wissen, über welches Ausmaß wir sprechen", sagte die Bundestagsabgeordnete. Sie sprach von einem "verheerenden" Signal an die Öffentlichkeit. Die Polizei habe selbst ein Interesse daran, eine solche Untersuchung zu machen, betonte die Grünen-Politikerin. Man benötige eine "fundierte Faktenbasis", um zu diskutieren, statt ständig "nach Gefühlslage zu beurteilen".
Auch der Polizeiwissenschaftler Behr sagte, eine Untersuchung wäre in jedem Fall angezeigt gewesen, "schon um zu zeigen, dass die Polizei sich bemüht, hier Bewusstsein zu schaffen". Die Absage des Innenministers sei ein "fatales Signal", da so der Eindruck entstehe, dass es etwas zu verbergen gebe, sagte der Professor für Polizeiwissenschaften am Fachhochschulbereich der Akademie der Polizei Hamburg am Dienstag im WDR-"Morgenecho".
"Wenn es keine Daten über Racial Profiling gibt, dann frage ich mich, woher weiß er denn, dass es Einzelfälle sind", erklärte Behr, der früher selbst Polizeibeamter in Hessen war. "Die Ungleichbehandlung von Menschen ist nun mal verboten, aber sie geschieht", betonte der Wissenschaftler. Die Forschung könne zeigen, wo das Problem liege, so dass dann Reaktionen darauf gefunden werden könnten. Mögliche Lösungen seien beispielsweise ein unabhängiger Polizeibeauftragter oder ein anonymes Hinweissystem in der Polizei.
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