Essen, Berlin (epd). Versicherte der gesetzlichen Krankenkassen zahlen in jedem fünften Fall für medizinische Hilfsmittel wie Hörgeräte oder Prothesen Mehrkosten. Im vergangenen Jahr lag die Summe dieser Kosten bei 692,1 Millionen Euro, pro Fall bei durchschnittlich 118 Euro, heißt es in dem am Montag veröffentlichten Bericht des Spitzenverbands der gesetzlichen Krankenkasse (GKV) über die Entwicklung der Mehrkostenvereinbarungen für Versorgungen mit Hilfsmittelleistungen. Das betreffe somit 5,9 Millionen von 29,4 Millionen Fällen. Zunächst hatten die Zeitungen der Essener Funke Mediengruppe (Montag) über die Zahlen berichtet.
Demnach zahlt jeder zweite Versicherte für Einlagen in Schuhen (52,91 Prozent) und für Hörhilfen (52,36 Prozent) Mehrkosten. Auf dem dritten Platz (42,73 Prozent) folgen Brustprothesen. Dabei machen dem Bericht zufolge die Hörhilfen den größten Kostenfaktor aus: Je Versorgungsfall fallen für sie durchschnittlich 1.081,91 Euro an. Danach folgten Kranken- und Behindertenfahrzeuge mit 495,87 Euro und Stehhilfen mit 416,93 Euro pro Fall.
Die Krankenkassen erklärten, dass sich Versicherte freiwillig für Modelle entschieden, bei denen sie Mehrkosten tragen. "In manchen Fällen ist und bleibt es eine schwierige Abgrenzung zwischen dem, was medizinisch notwendig ist und damit solidarisch finanziert wird, und dem, was mehr in den Bereich der Komfortleistungen gehört", sagte der stellvertretende Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbands, Gernot Kiefer. Zu solchen Komfortleistungen zählt, was über das Maß der medizinisch notwendigen Ausstattung hinausgeht.
"Hörhilfen sind dafür ein Paradebeispiel", betonte Kiefer. "Jede oder jeder gesetzlich Versicherte hat das Recht auf eine mehrkostenfreie Versorgung auch mit Hörhilfen." Der "perfekte Klang für einen Opernbesuch" sei allerdings eine Komfortleistung, für die Mehrkosten anfallen könnten.
Für den Bericht hat der GKV-Spitzenverband den Angaben zufolge rund 95 Prozent der Abrechnungsdaten von Versorgungsfällen aus dem Jahr 2019 ausgewertet. Nicht dabei seien die Gründe für die Wahl einer Mehrkostenversorgung. Dazu fehle es noch immer an einer Rechtsgrundlage, kritisierte der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen. Befragungen einzelner Krankenkassen hätten gezeigt, dass sich zwar viele Versicherte bewusst für Mehrkosten entschieden, bei einigen aber auch Unkenntnis oder Unsicherheiten über den Anspruch auf eine mehrkostenfreie Versorgung herrsche und eine hinreichende Beratung fehle, heißt es in dem Bericht.