Rheda-Wiedenbrück (epd). Am Tönnies-Schlachthof in Rheda-Wiedenbrück haben am Samstag 100 Menschen gegen die Bedingungen in der Fleischindustrie demonstriert. Schon in den frühen Morgenstunden kletterten Aktivisten vom Bündnis "Gemeinsam gegen die Tierindustrie" unangekündigt auf das Dach des Betriebs und ketteten sich auf der Zufahrtsstraße aneinander, wie eine Sprecherin des überregionalen Bündnisses dem Evangelischen Pressedienst (epd) sagte. Die meisten von ihnen schlossen sich nach Angaben der Polizei Bielefeld am Mittag auf Bitten der Beamten einer angemeldeten Demonstration an. Alles sei friedlich geblieben, sagte eine Polizeisprecherin dem epd.
Bei der offiziell angemeldeten Versammlung gegen die Bedingungen in der Fleischindustrie waren am Mittag Slogans wie "Das System Tönnies stoppen" oder "Wenn manche Tiere unsere Sprache sprechen könnten, würden viele Menschen weinen" auf Schildern zu lesen. Das Bündnis "Gemeinsam gegen die Tierindustrie" forderte eine dauerhafte Schließung der Schlachtfabrik. Corona sei aber nicht das einzige Problem, erklärte Bündnis-Mitglied Isa Suhr: "Die Tierindustrie bedeutet enormes Leid für Millionen fühlender Lebewesen." Der Futtermittelanbau und die Tierhaltung heizten zudem massiv die Klimakrise an. Schon vor der Corona-Pandemie sei die Situation der Arbeiter in der deutschen Fleischindustrie unerträglich gewesen.
Die nordrhein-westfälische Staatssekretärin für Integration, Serap Güler (CDU), bezeichnete am Samstag das Geschehen bei der Firma Tönnies und Subunternehmen als verstörend und zutiefst beschämend. Teilweise lebten die Werkarbeiter seit vielen Jahren isoliert und ohne Kontakte in die Gesellschaft. "Es ist das Mindeste, dass wir von Unternehmen verlangen, ausländischen Arbeitskräften den Spracherwerb und die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen", erklärte sie.
Nach Ende der Proteste äußerte sich eine Sprecherin zufrieden. Weitere Aktionen seien geplant, nähere Angaben dazu konnte sie jedoch nicht machen.
In dem Tönnies-Schlachtbetrieb im Kreis Gütersloh waren mehr als 1.550 Beschäftigte positiv auf Corona getestet worden. In den betroffenen Kreisen Gütersloh und Warendorf gelten daher weitgehende Einschränkungen des Alltags. Während der "Lockdown" in Gütersloh um eine Woche verlängert wird, endet er zum Mittwoch in Warendorf.