Der Dalai Lama im Jahr 2017 in der Jahrhunderthalle in Frankfurt am Main.
© epd-bild/Heike Lyding
Der Dalai Lama im Jahr 2017 in der Jahrhunderthalle in Frankfurt am Main.
Buddhistische Weisheiten online
Der Dalai Lama wird 85 und bleibt in der Krise digital präsent
Wenn der Dalai Lama kommt, strömen die Menschen zu ihm - überall auf die Welt. Das geistliche Oberhaupt der Tibeter steht für Weisheit. Berühmt ist der Mönch in seinem rot-orangenen Gewand zudem für seinen unerschütterlichen Humor. Am 6. Juli wird "seine Heiligkeit" 85 Jahre alt.

In der Corona-Krise blieb das Leben des Dalai Lama zunächst unverändert. "No change", keine Veränderung habe die weltweite Pandemie für ihn gebracht, sagte das geistliche Oberhaupt der Tibeter in einem Fernsehinterview. Jedes Jahr ziehe er sich ohnehin für einige Wochen zur Meditation und Kontemplation zurück. Doch in der Krise sind sein Rat und seine Weisheit gefragter denn je: Längst hält er wieder live übertragene Online-Vorträge und beteiligt sich an Video-Konferenzen: "Auch wenn wir körperlich getrennt sind, bleiben wir geistig verbunden", teilt er dort seinen Zuhörern mit.

Der Dalai Lama, übersetzt "Ozean der Weisheit", lebt seit 61 Jahren im Exil: Nachdem chinesische Truppen 1950 in Tibet einmarschierten, wurde die Lage in seiner Heimat immer schwieriger. Nach der Niederschlagung eines Aufstands floh er mit rund 80.000 Landsleuten in das benachbarte Indien. Dort lebt er seitdem in der Stadt Dharamshala zusammen mit der tibetischen Exilgemeinde.

Sesshaft war er nie: Der Mann mit kurzgeschorenen Haaren und großer Brille bezeichnet sich zwar selbst als "einfacher buddhistischer Mönch". Zugleich reist er als prominenter Fürsprecher für ein selbstbestimmtes Tibet um die Welt. Er hält Vorträge, trifft sich mit hochrangigen Politikern und verbreitet seine Botschaft von Mitgefühl, Barmherzigkeit und einem friedlichen Zusammenleben. Vor allem in westlichen Ländern hat er zahlreiche Anhänger, die ihn als buddhistischen Lehrer verehren. Der Dalai Lama lebt Religiosität, nutzt aber zugleich die modernen Kommunikationsmethoden: Er ist auf Facebook präsent und twittert regelmäßig.

Geboren wurde er am 6. Juli 1935 in dem kleinen Dorf Taktser in Nordosten Tibets. Im Alter von zwei Jahren wurde das Kind mit dem Namen Lhamo Dhondup als Reinkarnation, also Wiedergeburt des 13. Dalai Lama anerkannt. Mit viereinhalb Jahren zog der Junge mit dem Mönchsnamen Tenzin Gyatso in den Potala-Palast in Lhasa ein. Nach Übernahme der spirituellen und politischen Macht führte er 1954 Gespräche mit chinesischen Politikern wie Mao Zedong und Deng Xiaoping, die aber keine Einigung über den Status und die Zukunft Tibets brachte. Die Besatzung ging weiter.

Einsatz für den Frieden

Im Exil setzte sich der Dalai Lama seit Jahrzehnten für ein freies Tibet ein. Er legte Friedenspläne vor, zeigte sich bereit zu Kompromissen. 1989 erhielt er für sein Engagement den Friedensnobelpreis. Inzwischen plädiert er für einen "Weg der Mitte" und eine "echte Autonomie" Tibets mit kulturellen und religiösen Freiheiten unter einer chinesischen Zentralregierung. Doch China lehnt auch diese Vorschläge stets und weiterhin ab. Für Peking bleibt der Dalai Lama "ein Wolf im Mönchsgewand" und ein "Separatist".

Im Jahr 2011 entschloss sich der Dalai Lama dazu, seine politische Macht an die tibetische Exilregierung abzugeben. "Das war mehr als eine Geste, denn damit kann der Einsatz für ein selbstbestimmtes Tibet über demokratisch legitimierte Institutionen weitergeführt werden", betont der Vorstand der Tibet Initiative Deutschland, Christof Spitz, der Texte des Dalai Lama übersetzt und mit ihm befreundet ist.

Unterstützung für Greta Thunberg beim Klimaschutz

Aktuell setzt sich der 14. Dalai Lama intensiv für den Klimaschutz ein. Er unterstützt die schwedische Klimaktivistin Greta Thunberg und forderte sie auf, weiter Druck auf die Politik auszuüben. Zusammen mit dem Journalisten Franz Alt veröffentlichte er jüngst ein Buch. In dem Klima-Appell werben beide für den Einsatz erneuerbarer Energien. "Wir Menschen sind die einzige Spezies, welche die Kraft hat, unseren Planeten und sein Klima zu zerstören - oder noch zu retten", erklärte der Dalai Lama und forderte die Politik zum Handeln auf. Dabei geht es seiner Ansicht nach um die Zukunft für die Jugend und eine lebenswerte Welt für alle Menschen.

Auf die Frage, ob es einen 15. Dalai Lama geben soll, äußert sich Tenzin Gyatso angesichts der chinesischen Besatzung nicht eindeutig: Das sei "nicht sein Problem", sagte er einmal lachend. Letztlich ist es eine Entscheidung des "tibetischen Volkes", er wolle aber nicht "unter chinesischer Herrschaft" wiedergeboren werden. Im Alter von etwa 90 Jahren will er sich darüber mit buddhistischen Würdenträgern und der tibetischen Öffentlichkeit beraten - da hat er noch fünf Jahre Zeit.

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