Dresden (epd). Wegen umstrittener Äußerungen auf Twitter gerät der Geschäftsführer der Stiftung Sächsische Gedenkstätten, Siegfried Reiprich, zunehmend unter Druck. Nach Politikern von Linken und Grünen brachte am Mittwoch auch Landeskulturministerin Barbara Klepsch (CDU) ihr Befremden zum Ausdruck. Sie distanziere sich scharf von Reiprichs auf der Online-Plattform verbreiteten Aussagen, erklärte Klepsch, die auch dem Rat der Stiftung vorsitzt, in Dresden.
"Der angedeutete Vergleich zwischen den jüngsten Krawallen in Stuttgart und den NS-Pogromen 1938 verkennt die Wesensmerkmale von politischer Gewaltherrschaft", erklärte die Ministerin. Dies widerspreche klar dem Sinn der Gedenkstättenarbeit. Klepsch kündigte an, den Stiftungsrat wegen Reiprichs Äußerungen kurzfristig zu einer Sitzung einzuladen. "Mir geht es darum, dass sich das zuständige Stiftungsorgan mit der Angelegenheit befasst", sagte sie.
Reiprich hatte am Montag mit Blick auf die Ausschreitungen gegen Polizisten und Plünderungen in Stuttgart am vorletzten Wochenende getwittert: "War da nun eine Bundeskristallnacht oder 'nur' ein südwestdeutsches Scherbennächtle?" Tags darauf sorgte er auf derselben Plattform mit einer weiteren Äußerung für Irritationen, in der er weiße Menschen als bedrohte Minderheit darstellte.
Zu dem ersten Tweet erklärte der kultur- und erinnerungspolitische Sprecher der Linksfraktion im sächsischen Landtag, Franz Sodann, Reiprich habe mit seiner Aussage die Vorfälle in Stuttgart mit systematischen, gewaltsamen Übergriffen auf jüdisches Leben 1938 gleichgesetzt. Reiprich habe der Erinnerungskultur in Sachsen "schweren Schaden" zugefügt.
Die kulturpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Claudia Maicher, erklärte, der Vergleich zu Stuttgart "relativiert auf irrwitzige Art und Weise NS-Verbrechen", das "Fabulieren über eine weiße Minderheit in Europa" leiste "rassistischen und rechtsextremen Angriffen auf unseren gesellschaftlichen Zusammenhalt Vorschub".
Der Theologe und SPD-Landtagsabgeordnete Frank Richter kritisierte, Reiprich spiele "bewusst, willentlich und öffentlich" mit Vergleichen aus der NS-Zeit und gebe sich als Anhänger rechten Gedankenguts zu erkennen. Damit verletze er "genau diese Opfergruppen, für die er eine besondere Verantwortung an prominenter Stelle wahrzunehmen hätte", sagte Richter.
Reiprich war bereits früher wegen seiner Amtsführung in die Kritik geraten. Die Stiftung hatte vergangene Woche sein vorzeitiges Ausscheiden aus dem Amt noch in diesem Jahr bekanntgegeben. Laut Kulturministerium will Reiprich seinen Dienstvertrag zum 30. November beenden.