Nahost-Expertin besorgt über Annexionspläne Israels
01.07.2020
epd
epd-Gespräch: Stephan Cezanne

Frankfurt a.M. (epd). Der langjährige Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern lässt sich nach Ansicht der Nahost-Expertin Claudia Baumgart-Ochse nur noch durch gemeinsame Anstrengungen der Staatengemeinschaft lösen. Sollte Israel seine Annexionspläne im Westjordanland umsetzen, halte sie es für angebracht, dass die EU deutliche Signale sendet - indem sie beispielsweise ankündigt, das Assoziationsabkommen mit Israel oder die Forschungszusammenarbeit bis zur Wiederaufnahme von Verhandlungen auszusetzen, sagte die Projektleiterin am Leibniz-Institut Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung (HSFK) in Frankfurt am Main am Mittwoch dem Evangelischen Pressedienst (epd). Das palästinensische Volk selbst habe zurzeit keine Handlungsmöglichkeiten mehr.

Die für Juli geplante Umsetzung der Pläne der israelischen Regierung, Teile des Westjordanlandes zu annektieren, wäre eine klare Verletzung des Völkerrechts und würde die politische Konfliktlage in Israel weiter verschärfen, sagt Baumgart-Ochse. Sie warnte zugleich vor einseitigen Schuldzuweisungen. Auch die Palästinenser hätten in der Vergangenheit oft "unglücklich" agiert. Zudem mache die fehlende demokratische Legitimierung der palästinensischen Regierung diese zu einem schwachen Verhandlungspartner. Seit Jahren hätten keine Wahlen mehr stattgefunden.

Zu Vorschlägen, einen eigenen Staat Palästina international anzuerkennen, äußerte sich Baumgart-Ochse skeptisch. Dazu wären nicht alle Staaten bereit, etwa Länder in Osteuropa mit konservativen Regierungen und auch die USA, die mit dem jüngsten Friedensplan von US-Präsident Donald Trump die geplante Annexion überhaupt erst ermöglicht hätten. Dennoch dürfe das Ziel einer gemeinsam verhandelten Zweistaatenlösung, die zu Frieden und Stabilität beitragen könnte, nicht aus den Augen verloren werden.

Das Leibniz-Institut Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung (HSFK) gilt als eines der führenden Friedensforschungsinstitute in Europa. Kernthemen sind Rüstungskontrolle und Abrüstung, Konflikte um internationale Normen, Regime und Organisationen, militärische und nicht-militärische Interventionen, Friedenskonsolidierung, Demokratisierung sowie Radikalisierung und politische Gewalt. Die Einrichtung wird als Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft vom Bund und vom Land Hessen gefördert.