Berlin (epd). Mit einer Verhüllungsaktion haben schwerbehinderte Menschen in Berlin gegen das geplante Intensivpflegegesetz der Bundesregierung demonstriert. Rund 15 Rollstuhlfahrer bedeckten dabei laut den Veranstaltern ihre Köpfe mit Tüchern. "Wir wollen zeigen, dass sie vom gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen werden, dass sie unsichtbar gemacht werden", sagte der Mitinitiator und Vorstand der Selbsthilfeeinrichtung "ALS-Mobil", Jens Matk, am Dienstag in Berlin. Der Verein setzt sich für Betroffene der Krankheit ALS (Amyotrophe Lateralsklerose) ein.
Die Protestierenden übergaben zudem eine im vergangenen August gestartete Online-Petition mit mehr als 200.000 Unterschriften gegen die jetzige Gesetzesfassung an Abgeordnete der Grünen, der SPD und der FDP im Bundestag. Am Donnerstag (2. Juli) stimmt das Parlament über den Entwurf von Bundesgesundheitsminister Jens Spahns (CDU) zum Intensivpflege- und Rehabilitationsstärkungsgesetz (IPReG) ab.
Auf dem Pariser Platz vor dem Brandenburger Tor hatten sich den Angaben der Veranstalter zufolge rund 200 Menschen versammelt, darunter Schwerbehinderte, Angehörige und Pflegekräfte. Sie machten ihrem Unmut Luft, dass mit dem geplanten Gesetz Beatmungspatienten künftig gegen ihren Willen in Pflegeheimen untergebracht werden könnten, wie Matk erläuterte: "Wir lassen nicht zu, dass Pflegebedürftigen ihr Zuhause und ihr familiäres Umfeld genommen wird."
Das Gesetz sieht vor, dass Intensiv- und Beatmungspatienten nur noch dann zu Hause oder in speziellen Einrichtungen ambulant versorgt werden dürfen, wenn "die medizinische und pflegerische Versorgung an diesem Ort tatsächlich und dauerhaft sichergestellt ist". Überprüft werden soll das jährlich vom Medizinischen Dienst der Krankenkassen. Mit dem Gesetz will Spahn die Kontrollen und Qualitätsanforderungen erhöhen, nachdem etliche Fälle von Abrechnungsbetrug bekanntgeworden waren.
Die Demonstranten kritisierten, dass mit dem neuen Gesetz die Selbstbestimmung der Beatmungspatienten an Bedingungen geknüpft werde. "Wir fordern, dass auch Schwerstkranke uneingeschränkte Grundrechte haben", sagte Matk. Sie sollten selbst entscheiden dürfen, wo sie leben wollen. "Es ist traurig und beschämend, dass Schwerstkranke jetzt schon über 50 Wochen für ihre Rechte demonstrieren müssen." Den Angaben nach betrifft das Gesetz rund 20.000 Menschen in Deutschland.