Neues Netzwerk bündelt Informationen über Antisemitismus

Berlin (epd). Mit einer stärkeren Verzahnung von Beratungsstellen, Bildungsstätten und bundesweiten Recherchezentren gegen Antisemitismus soll Judenfeindlichkeit künftig effektiver bekämpft werden. Beim Synagogen-Angriff im vergangenen Oktober in Halle sei sichtbar geworden, wie schlimm die Lage in Deutschland sei, sagte Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) bei der Vorstellung des Kompetenznetzwerks Antisemitismus am Dienstag in Berlin. In Halle hatte ein Täter versucht, ein Blutbad in einer Synagoge anzurichten. Er scheiterte mit diesem Vorhaben, erschoss aber zwei Menschen, die ihm über den Weg liefen.

Die klare Erkenntnis sei dabei, dass dies nur die Spitze des Eisbergs sei, fügte Giffey hinzu und verwies dabei auf die aktuelle Statistik der politisch motivierten Kriminalität für 2019: Demnach stieg die Zahl der antisemitischen Straftaten im Vergleich zu 2018 um 13 Prozent.

Die fünf Organisationen des Netzwerks hatten sich bereits im Januar zusammengeschlossen: das Anne Frank Zentrum, die Bildungsstätte Anne Frank, der Bundesverband der Recherche- und Informationsstellen Antisemitismus (RIAS), das Kompetenzzentrum für Prävention und Empowerment (ZWST) sowie die Kreuzberger Initiative gegen Antisemitismus (KIgA). Ab sofort ist die gemeinsame Webseite online zugänglich. Ziel des Netzwerks ist es, durch Bildungsarbeit, Beratung sowie durch eine Dokumentation antisemitischer Vorfälle und deren Analyse ihre Arbeit zu professionalisieren. Finanziert werden sie dabei auch mit den Mitteln des Bundesprogramms "Demokratie leben!", für das das Familienministerium in diesem Jahr 115 Millionen Euro zur Verfügung stellt. Giffey sagte dem Kompetenznetzwerk zunächst zwei Millionen Euro zu.

Der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, Gideon Joffe, sprach über die Verbreitung antisemitischer Verschwörungsmythen auf Demonstrationen gegen die Anti-Corona-Maßnahmen. Gerüchte, wonach Juden das Coronavirus in die Welt gesetzt hätten, um an den Heilungs- oder Impfkosten zu verdienen, seien "erschreckend". Auch deshalb sei es so wichtig, dass sich die Akteure im Kampf gegen Antisemitismus zusammentäten. Die fünf Organisationen, die nun zusammenarbeiteten, seien fünf Finger, die sich jetzt zu einer starken Hand verbunden hätten.

Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, sprach von einem bedeutenden Schritt. Niemand müsse sich mehr alleine fühlen, wenn er Opfer einer antisemitischen Straftat geworden sei. Erstmals werde die Erhebung von Daten zu Judenfeindlichkeit direkt verknüpft mit Präventions- und Bildungsarbeit, und zwar von Organisationen mit jahrelanger Erfahrung in dem Feld.