Gütersloh, Düsseldorf (epd). Um die große Nachfrage nach Tests auf das Coronavirus zu erfüllen, sind in den von steigenden Corona-Infektionszahlen betroffenen Kreisen Gütersloh und Warendorf weitere Testkapazitäten eingerichtet worden. So wurden mit Unterstützung der Bundeswehr im Kreis Gütersloh an zehn und im Kreis Warendorf an fünf Standorten Teststationen geschaffen, wie das nordrhein-westfälische Gesundheitsministerium am Donnerstag in Düsseldorf mitteilte. Unterstützt werden Tests auch von der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe und dem Deutschen Roten Kreuz. Testkapazitäten seien ausreichend vorhanden, hieß es. Getestete erhielten innerhalb weniger Tage eine Rückmeldung.
Alle Bürger der betroffenen Kreise können sich kostenlos bei einer Teststation oder ihrem Hausarzt auf Sars-CoV-2 untersuchen lassen. Dies gelte insbesondere für Menschen mit Symptomen wie Geruchs- und Geschmacksstörungen, Fieber, Husten, Halsschmerzen und allgemeine Schwäche, hieß es. Die freiwilligen Reihentestungen werden mindestens bis zum 3. Juli durchgeführt und dienen dazu, schnellstmöglich herauszufinden, ob das Virus in die breite Bevölkerung hineingetragen wurde oder nach wie vor auf die Belegschaft des Fleischverarbeiters Tönnies beschränkt ist.
Derweil wurde bekannt, dass möglicherweise ein Gottesdienst ein Ausgangspunkt für die Erkrankungswelle im Tönnies-Stammwerk in Rheda-Wiedenbrück gewesen sein könnte. Bei dem Gottesdienst in Herzebrock-Clarholz vom 17. Mai sollen Personen anwesend gewesen sein, die "in enger Beziehung" zu Tönnies gestanden hätten, erklärte ein Sprecher des Kreises Gütersloh auf Nachfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd). Auch Mitarbeiter des Fleischunternehmens Westcrown aus Dissen am Teutoburger Wald sollen dort gewesen sein - auch dieser Zerlegebetrieb ist derzeit von steigenden Corona-Infektionen betroffen.
Ob die massenhaften Infektionen unter den Mitarbeitern der Schlacht- und Zerlegebetriebe durch den Gottesdienst verursacht wurden, sei derzeit aber unklar, betonte der Sprecher. "Ich habe immer gesagt, es ist nicht klar, wer der Indexfall ist", sagte die Leiterin der Abteilung Gesundheit des Kreises, Anne Bunte. Das genaue Ausbruchsgeschehen habe bis heute nicht vollständig geklärt werden können.
Geprüft wird derzeit auch, ob eventuell eine Klimaanlage für die Infektionswelle in dem Tönnies-Werk verantwortlich ist. Demnach könnte auch die Umluftkühlung eine "erhebliche Rolle beim Infektionsgeschehen" gespielt haben, wie der Kreis Gütersloh mitteilte. Ein Team von Wissenschaftlern um den Hygieneexperten Martin Exner und den Virologen Hendrik Streeck untersuche den Corona-Ausbruch an dem Standort.
Unterdessen wünschte sich der Gütersloher Bürgermeister Henning Schulz im Kampf gegen die Stigmatisierung der Bürger aus der betroffenen Region mehr Unterstützung aus der Bundespolitik. "Der Kanzlerin ist es immer gelungen, die Gesellschaft zusammenzuführen und alle Menschen im Blick zu behalten. Hier fühlen sich fast eine Dreiviertelmillion Menschen im Stich gelassen", kritisierte der CDU-Politiker gegenüber dem Nachrichtenportal "t-online.de". Sie fühlten sich "stigmatisiert und werden sogar angegriffen".
Nachdem mehr als 1.500 Beschäftigte eines Tönnies-Schlachtbetriebes in Rheda-Wiedenbrück positiv auf das Coronavirus getestet worden waren, hatte die Landesregierung am vergangenen Dienstag einen erneuten Lockdown bis zum 30. Juni über die Kreise Gütersloh und Warendorf verhängt. Dieser werde von den Bürgern zumeist akzeptiert, sagte Schulz. Mit Blick auf die anstehenden Sommerferien, vermutet der Bürgermeister, das viele Menschen "auf ihren gebuchten Reisen hängen" hängenbleiben werden.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) begrüßte die Maßnahmen der NRW-Landesregierung gegen die regionalen Corona-Ausbrüche. Es sei hart für die Bewohner der betroffenen Gebiete, aber zum Schutz vor einer weiteren Ausbreitung des Erregers nötig, sagte Spahn am Rande einer Besprechung bei der Weltgesundheitsorganisation in Genf.