Studie: Deutschland kommt bei inklusivem Unterricht kaum voran

Gütersloh (epd). Der Ausbau des gemeinsamen Unterrichts von Schülern mit und ohne Behinderungen kommt laut einer Studie nur schleppend voran. Der Anteil der Kinder, die an Förderschulen unterrichtet werden, sei in den vergangenen zehn Jahren kaum gesunken und in manchen Bundesländern sogar gestiegen, erklärte die Bertelsmann Stiftung bei der Vorstellung der Untersuchung am Donnerstag in Gütersloh. Während im Schuljahr 2008/09 insgesamt 4,8 Prozent der Mädchen und Jungen der ersten bis zehnten Klassen Förderschulen besuchten, waren es demnach 2018/19 immer noch 4,2 Prozent.

Mehr als zehn Jahre nach dem Beitritt zur UN-Behindertenrechtskonvention hinke Deutschland trotz punktueller Fortschritte bei der Annäherung an deren Vorgaben hinterher, beklagte die Stiftung. Mit einer Trendwende sei laut einer Vorausberechnung der Kultusministerkonferenz auch in den kommenden Jahren nicht zu rechnen. Die sogenannte Exklusionsquote wird demnach bis 2030/31 beim aktuellen Wert von 4,2 Prozent stagnieren.

Dabei befürworten der Studie zufolge mit 94 Prozent nahezu alle Eltern schulpflichtiger Kinder das gemeinsame Lernen von Schülerinnen und Schülern mit und ohne körperlicher Beeinträchtigung. Auch der inklusive Unterricht mit Kindern mit Sprach- oder Lernschwierigkeiten stößt mit 71 beziehungsweise 66 Prozent auf breite Zustimmung, wie eine von der Stiftung in Auftrag gegebene Umfrage ergab. Lediglich die Inklusion von Jungen und Mädchen mit geistiger Behinderung oder Verhaltensauffälligkeiten im emotional-sozialen Bereich habe bei den Eltern keine Mehrheit gefunden.

Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf erzielten in inklusiven Klassen auch durchschnittlich bessere Resultate und erreichten öfter den Hauptschulabschluss als jene in Förderschulen, heißt es in der Untersuchung. Der "nachweisliche Lernerfolg" und die positiven Einstellungen der Eltern zeigten, dass mehr Inklusion möglich sei, erklärte der Vorstand der Bertelsmann Stiftung, Jörg Dräger. Die Politik solle sich diesen Rückenwind zunutze machen und in den kommenden Jahren deutlich mehr Mut zur Inklusion zeigen, sagte Dräger.

Für die Studie hat die Bertelsmann Stiftung nach eigenen Angaben aktuelle Dokumentationen der Kultusministerkonferenz ausgewertet. Zudem seien im Sommer 2019 rund 4.000 Eltern schulpflichtiger Kinder repräsentativ zu ihrer Sichtweise auf schulische Inklusion befragt worden.