Widmann-Mauz: Corona-Krise sollte Integration nicht bremsen

Bonn (epd). Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Annette Widmann-Mauz (CDU), hat dazu aufgerufen, die Corona-Pandemie nicht zur Integrationsbremse für geflüchtete Familien werden zu lassen. Es gehe gerade jetzt darum, dass Familien trotz Corona-Krise keine wertvolle Zeit verlieren, sondern bei der Integration weiter vorankommen, sagte Widmann-Mauz am Mittwoch beim Fünften Katholischen Flüchtlingsgipfel, der als Videokonferenz stattfand.

Die Corona-Pandemie sei für viele Familien eine große Herausforderung, gerade geflüchtete Familien ständen vor schwierigen Fragen. "Wie helfen sie ihren Schulkindern, wenn sie selbst nur geringe Deutschkenntnisse haben? Und wie können sie Sprach- und Integrationskurse wahrnehmen, wenn die technischen Möglichkeiten nicht da sind?", sagte die Staatsministerin.

Sie verwies auf Hilfen für Familien, die Integration erleichtern, und auf das "Gute-Kita-Gesetz", das Teilhabe an frühkindlicher Bildung ermögliche. Wer Flüchtlingsfamilien fördern wolle, müsse auch die Frauen fördern, sagte Widmann-Mauz. Zum Beispiel sei eine verlässliche Kinderbetreuung während des Besuchs eines Sprachkurses unerlässlich.

Der Hamburger Erzbischof Stefan Heße hatte zuvor darauf hingewiesen, dass der Flüchtlingsstrom angesichts der Corona-Krise nicht aufhöre. "Die Situation der Flüchtlinge ist Anlass zu großer Sorge", sagte er. Es gebe die Befürchtung, dass der Flüchtlingsschutz in Zeiten der Pandemie faktisch ausgesetzt werde. Heße wies darauf hin, dass die Rolle der Kirche bei der Integration sei, ein Gefühl von Wertschätzung und Sicherheit zu vermitteln.

Die Zahl der vor Gewalt und Konflikten geflüchteten Menschen hat laut den Vereinten Nationen einen neuen Höchststand erreicht. Weltweit sind nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR 79,5 Millionen Kinder, Frauen und Männer Ende vergangenen Jahres auf der Flucht gewesen.

Der Bielefelder Forscher Thomas Faist hob die Bedeutung von Familienstrukturen für Flüchtlinge hervor. Erzwungene Familientrennungen infolge von Flucht und Verfolgung führten zu einer niedrigen Lebenszufriedenheit, sagte der Professor für Transnationale Beziehungen. Familienstrukturen hätten eine Schutzfunktion, sie könnten etwa dabei helfen, erlittene Traumate zu überwinden. Sie seien ein Faktor der Sozialintegration von Flüchtlingen, sagte Faist. Für die Sozialintegration sei die sofortige gesellschaftliche Teilhabe, etwa an Bildung, nötig. Der Familiennachzug sei aber auch ein Faktor für eine gelingende Integration.