Berlin (epd). Die Grünen nennen erstmals Zahlen, wie hoch Hartz-IV-Regelsätze sein müssten, wenn sie vor Armut und Ausgrenzung schützen sollen. Die Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt forderte die Bundesregierung am Dienstag in Berlin auf, im Herbst ein neues Gesetz zur Ermittlung der Regelsätze vorzulegen, "dass Schluss macht mit der Kleinrechnerei". Für die Krisenzeit brauche es zudem einen kurzfristigen Aufschlag von 100 Euro für Erwachsene und 60 Euro im Monat für Kinder.
Ein allein lebender Erwachsener müsste nach den Berechnungen im Auftrag der Grünen-Bundestagsfraktion monatlich 603 statt 432 Euro bekommen. Die Leistungen für Kinder müssten je nach Alter um 56 bis 116 Euro im Monat angehoben werden. Unterkunft und Heizung werden vom Amt zusätzlich bezahlt.
Die Grünen fordern ein neues Modell, das die Regelsätze ins Verhältnis setzt zu den Lebenshaltungskosten von Mittelschichtshaushalten. Sie berufen sich auf ein Gutachten, wonach zur Sicherung des Existenzminimums einem Grundsicherungsempfänger gut die Hälfte davon zur Verfügung stehen muss, damit nicht nur das Lebensnotwendigste sondern auch ein gewisses Maß an Teilhabe gesichert ist. Dazu zählt die gelegentliche Kinokarte ebenso wie ein Weihnachtsbaum.
Bisher werden die Regelsätze anhand der Ausgaben der ärmsten Bevölkerungsschichten berechnet. Für Protest von Sozialverbänden sorgt regelmäßig, dass davon auch noch Posten abgezogen werden. Dadurch klafft bei der Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben, die laut höchstrichterlichen Urteilen auch Grundsicherungsempfängern zusteht, die größte Lücke.
Die Grünen fordern in ihrem Fraktionsbeschluss, dass die Sanktionen gegen Hartz-IV-Empfänger wegfallen sollen. Der Beschluss fiel bereits im Mai. Das neue Berechnungsmodell für die Grundsicherung wurde aber wegen der Einschränkungen und des Zeitdrucks durch die Corona-Krise jetzt erst der Öffentlichkeit vorgestellt.