Brüssel, Berlin (epd). Die Linie der Bundesregierung zur Reform der EU-Asylpolitik stößt auf Kritik aus der Zivilgesellschaft. Schutzsuchende schon vor der förmlichen Einreise an den EU-Grenzen einem Verfahren zu unterziehen bedeute "Haftlager", sagte der Geschäftsführer von Pro Asyl, Günter Burkhardt, am Dienstag in Berlin. Schnelle Verfahren für Tausende von Menschen bedeuteten zugleich, dass die Frage der Sicherheit der Menschen in einem Drittland gar nicht mehr geprüft werde, warnte Burkhardt beim 20. Berliner Symposium zum Flüchtlingsschutz der Evangelischen Akademie zu Berlin.
Deutschland strebt nach den Worten von Innenstaatssekretär Stephan Mayer (CSU) an, dass ein Teil der Asylsuchenden künftig vor der eigentlichen Einreise in die EU ein beschleunigtes Asylverfahren durchläuft. Es solle aber kein "Asylverfahren light" sein, betonte Mayer. Adressaten könnten Menschen aus Ländern sein, aus denen generell nur wenige in Europa Asyl erhalten, oder solche, die sich vor dem Weg in die EU in sogenannten sicheren Drittstaaten aufgehalten haben.
Auch Markus N. Beeko von Amnesty International zeigte sich skeptisch. Schon heute zeige sich an den Außengrenzen, dass dort weder sorgfältige Verfahren gewährleistet seien, noch verwundbare Menschen geschützt seien, sagte der Generalsekretär der deutschen Sektion von Amnesty.
Mit Blick auf das Konzept sicherer Drittstaates - unter Verweis darauf können Flüchtlinge aus Griechenland in die Türkei abgeschoben werden - erinnerte Beeko an den Anspruch der EU, das Völkerrecht hochzuhalten. Während die Menschenrechte weltweit verletzt würden und Menschen daher anderswo Schutz suchen müssten, dürfe Europa diesen Schutz nicht versagen.
Während Amnesty und Pro Asyl des Weiteren eine staatliche Seenotrettungsmission im Mittelmeer forderten, lehnte der Vertreter des Innenministeriums das ab. Solch eine Mission könne den Anreiz für Menschen erhöhen, sich in die Hände von Schleusern und Schleppern zu begeben. Mayer kritisierte auch die Initiative der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) für das private Seenotrettungsschiff "Sea Watch 4". "Ich persönlich glaube, dass damit ganz ehrlich gesagt am Ende falsche Signale gesetzt werden", sagte er.
Deutschland übernimmt am 1. Juli die EU-Ratspräsidentschaft und wird damit die Agenda in Brüssel noch stärker prägen als sonst. Für die Asyl- und Migrationspolitik will die EU-Kommission bald ein Reformpaket vorlegen, das dann unter deutschem Vorsitz im Ministerrat diskutiert wird.