Göttingen (epd). Nach Ausschreitungen rund um einen komplett unter Corona-Quarantäne stehenden Hochhauskomplex in Göttingen will die Stadt mit einer besonderen Teststrategie die Lage weiter entspannen. "Wer zwei Mal negativ getestet ist, kann die Anlage maximal in Dreiergruppen und mit An- und Abmeldungen verlassen", sagte am Sonntag Göttingens Oberbürgermeister Rolf-Georg Köhler (SPD). In dem Gebäude leben etwa 700 gemeldete Menschen, von denen bisher bei etwa 120 Infektionen mit dem Coronavirus nachgewiesen wurden.
Durch diese Teststrategie solle ein "atmendes System" eingeführt werden, erläuterte Göttingens Sozialdezernentin Petra Broistedt. Die Quarantäne könne so teilweise wieder aufgehoben werden. Nach dem Massenausbruch wolle die Stadt alle Bewohner durchtesten, die Abstriche seien aber freiwillig und sollten nicht repressiv durchgesetzt werden, hieß es.
Wegen der Quarantäne-Auflagen war es vor dem Corona-Hotspot am Samstag zu gewalttätigen Protesten von Bewohnern gekommen: Aus dem Haus wurden nach Angaben von Göttingens Polizeipräsident Uwe Lührig Einsatzkräfte unter anderem mit Flaschen, Steinen, Holzlatten und Pyrotechnik beworfen. In der Nacht und am Sonntag hatte sich die Lage beruhigt, die Testungen wurden fortgeführt.
Bei der Randale wurden Lührig zufolge acht Beamte verletzt. Auch mit brennenden Mülleimern hätten bis zu 100 Bewohner versucht, einen zuvor als Absperrung aufgestellten Bauzaun zu durchbrechen. "Das konnten wir auch durch den Einsatz von Pfefferspray verhindern", ergänzte Einsatzleiter und Polizeidirektor Rainer Nolte. Demonstranten vor dem Haus hätten die Situation angeheizt.
Die Polizei sprach von einer "ziemlich großen Zahl von Straftaten" und leitete Verfahren wegen schwerem Landfriedensbruch und gefährlicher Körperverletzung ein. Organisiert wurden die Proteste vor dem Haus von einer Gruppe der "Basisdemokratischen Linken", die der Polizei repressives und gewalttätiges Vorgehen vorwarf.