Bundesstiftung Umwelt fordert grünes Wachstum nach Corona-Krise
19.06.2020
epd
epd-Gespräch: Martina Schwager

Osnabrück (epd). Der Generalsekretär der Deutschen Bundesstiftung Umwelt, Alexander Bonde, sieht gute Chancen, den Corona-Lockdown für einen Umbau der Wirtschaft zugunsten des Klimaschutzes zu nutzen. "Die entscheidende Frage nach der Corona-Krise wird sein, ob wir es schaffen, das Wiederhochfahren der Wirtschaft damit zu verbinden, Weichen zu stellen", sagte Bonde dem Evangelischen Pressedienst (epd). Ein grünes Wirtschaftswachstum müsse vom Ressourcenverbrauch und vor allem von CO2-Emissionen entkoppelt werden. Nur dann sei in Europa eine "CO2-neutrale Wirtschaft bis 2050, am besten aber schon sehr viel früher zu erreichen".

Das Konjunkturpaket der Bundesregierung setze dabei etwa beim Thema Mobilität schon gute Anreize, erklärte Bonde. "Aber insgesamt ist da noch mehr notwendig." Der öffentliche Personennahverkehr, die Elektrifizierung des Individualverkehrs und die Wasserstoff-Technik müssten noch mehr gestärkt werden, forderte der Chef der europaweit größten Umweltstiftung. Auch weitere CO2-intensive Prozesse sollten möglichst schnell elektrifiziert oder auf Wasserstoff-Technik umgestellt werden.

Um den Ressourcen-Verbrauch zu senken, sei es wichtig, eine Kreislaufwirtschaft einzuführen. Bisher würden die Rohstoffe energieintensiv gewonnen und verarbeitet, kurz genutzt und dann ebenso energieintensiv entsorgt, bemängelte Bonde: "Deutsche Ingenieurskunst sollte von vornherein daran denken, die Rohstoffe nach der Nutzung in die nächste Nutzung zu bringen." Die Europäische Union und das europäische Parlament seien intensiv dran an dieser Frage. "Deutschland müsste endlich auch in die Pötte kommen. Diesen Teil habe ich im Konjunkturpaket vermisst."

Als Beispiel nannte Bonde die Baubranche. "Mehr als die Hälfte des Abfalls in Deutschland sind mineralische Stoffe, die aus dem Bau entstehen. Da haben wir eine viel zu geringe Recyclingquote, obwohl wir enorm CO2 einsparen könnten", sagte er. "Das gleiche gilt für alles, was wir täglich produzieren und konsumieren bis in den Verpackungsbereich hinein."

Insgesamt könne der einzelne Bürger mit seinem Verhalten zwar Einfluss nehmen auf den Klimaschutz, erklärte Bonde. Bei den hohen Energie- und Ressourcenverbräuchen in der Industrie sei jedoch klar: "Die Frage des individuellen Verhaltens wird uns nicht allein das Problem lösen." Die marktwirtschaftlichen Anreize müssten so gesetzt werden, "dass wir die klimafreundlichen Innovationen vorantreiben, dass wir zentrale Produktionsbereiche CO2-frei stellen". Dann könnten großen Mengen CO2 reduzieren werden. "Wir müssen mit den entscheidenden Weichenstellungen in die Parlamente und in die Fabriken."