Berlin (epd). Der Bund will eine umfassende Aufklärungs- und Sensibilisierungskampagne gegen sexuellen Kindesmissbrauch starten. Die Kampagne soll noch in diesem Jahr konzipiert und dann im Jahr 2021 ausgerollt werden, teilten Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) und der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, am Donnerstag in einer Video-Pressekonferenz mit. Rörig hatte den Vorschlag bereits im Dezember bei der Gründung des Nationalen Rats zur Bekämpfung von sexueller Gewalt gegen Kinder und Jugendliche eingebracht.
Der Missbrauchsbeauftragte sagte, er freue sich über das grüne Licht durch den Bund. Fünf Millionen Euro sind dafür vorgesehen. Ihm schwebe als Vorbild die "Anti-Aids-Kampagne" vor, sagte der Unabhängige Missbrauchsbeauftragte. Diese habe es sehr gut geschafft, Tabus zu brechen, über Sexualpraktiken aufzuklären und Hilfsangebote für Betroffene bekanntzumachen. Bei der Anti-Kindesmissbrauchs-Kampagne soll es zum einen darum gehen, Menschen in Politik, Schulen, Sportvereinen und Kirchen für das Thema zu sensibilisieren und gleichzeitig Hilfsangebote zu vermitteln - "bundesweit und flächendeckend", betonte Rörig. "Alleine gewinnen wir den Kampf gegen Missbrauch nicht."
Der Kampf gegen Kindesmissbrauch komme immer nur dann voran, wenn Missbrauchsskandale wie jüngst in Münster öffentlich würden, kritisierte der Missbrauchsbeauftragte. Dabei sei der Kampf gegen Kindesmissbrauch eine andauernde Aufgabe vor allem mit Blick auf die vielen Kinder und Jugendlichen, die tagtäglich unsichtbar zum Opfer würden, sagte Rörig.
Die jüngste Debatte um Strafrechtsverschärfungen infolge der Missbrauchskomplexe von Münster und Bergisch-Gladbach seien "eindeutig wichtig", sagte Rörig. Er sei auch mit der Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) im Dialog. Schärfere Gesetze seien sinnvoll, aber man müsse auch vermeiden, dass einem 16-Jährigen, der einer 13-Jährigen einen Zungenkuss gebe, demnächst eine Strafe drohe.