Gütersloh (epd). Bei dem Schlachtbetrieb Tönnies im nordrhein-westfälischen Rheda-Wiedenbrück sind rund 400 Mitarbeiter positiv auf das Coronavirus getestet worden. Wie der Kreis Gütersloh am Mittwoch mitteilte, wurde die Arbeit in dem Betrieb gestoppt. Auch Schulen und Kitas im Kreis Gütersloh werden bis zu den Sommerferien geschlossen. Einen allgemeinen Lockdown werde es aber nicht geben, erklärte Landrat Sven-Georg Adenauer (CDU). "Wir können uns nur für die entstandene Situation entschuldigen", sagte Tönnies-Sprecher André Viestädte. Aktuell stehe die Gesundheit im Vordergrund. Die Firma werde alles dafür tun, dass es zu keinen weiteren Ansteckungen komme.
Die Infektionen betreffen Arbeiter in dem Bereich der Zerlegung. Am Dienstag wurden den Angaben zufolge 1.050 Proben auf dem Betriebsgelände genommen. Von den bislang knapp 590 Befunden waren 395 positiv. Im Laufe des Tages kamen unabhängig von diesen Tests noch einmal 20 Fälle hinzu. Mit weiteren Infektionen wird den Angaben zufolge gerechnet.
Durch die hohe Zahl an Infektionen sie die kritische Marke von 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern in sieben Tagen deutlich überschritten, erklärte Adenauer. Mit der Begrenzung auf die Hotspots der Infektionen könne der Lockdown jedoch vermieden werden. Alle infizierten Arbeiter und Kontaktpersonen würden zudem unter Quarantäne gestellt. Das gelte auch für alle noch nicht gestesteten Mitarbeiter, die auf dem Betriebsgelände tätig seien. Die Schließung des Betriebes könne bis zu zwei Wochen dauern. Wann der Betrieb wieder die Arbeit aufnehmen könne, hänge davon ab, ob die Maßnahmen greifen würden.
Der Kreis ordnete auch die Schließung von Schulen und Kitas bis zum 26. Juni an. In den Kindertageseinrichtungen und den Schulen werde es eine erweiterte Notbetreuung geben. Er könne verstehen, dass die Eltern über die Schul- und Kita-Schließungen "sauer" seien. Das seien aber immer noch mildere Mittel als ein Shutdown für den gesamten Kreis Gütersloh. Bei Schulen und Kitas anzusetzen, sei ein probates Mittel, um eine weitere Ausbreitung der Viren zu verhindern.
Die meisten der positiv gestesteten Mitarbeiter zeigten keine Symptome, erklärte der Pandemiebeauftragte der Firma, Gereon Schulze-Althoff. Zu dem Ausbruch sei es möglicherweise durch die nun wieder möglichen Heimreisen von Arbeitern in ihre Heimat gekommen. Bei firmeneigenen Tests von 6.400 Mitarbeitern vom 10. bis 18. Mai habe es noch keine positiven Ergebnisse gegeben. Tönnies werde alles Machbare zur Pandemiebekämpfung unternehmen.
Die Fleischindustrie ist durch massive Corona-Ausbrüche in einigen Firmen in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen in den Fokus der Öffentlichkeit geraten. Gewerkschaften und Kirchen kritisieren seit langem ausbeuterische Arbeitsbedingungen und Wuchermieten in heruntergekommenen Massenunterkünften. Die oft aus Rumänien und Polen stammenden Arbeiter sind in der Regel bei Subunternehmen beschäftigt.