Brüssel, Berlin (epd). Das UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) fordert die EU auf, sich bei der anstehenden Reform des Asylrechts nicht vom EU-Türkei-Pakt leiten zu lassen. Die Vereinbarung von 2016 sei nur scheinbar eine gute Lösung gewesen, sagte Sophie Magennis vom Brüsseler UNHCR-Büro am Mittwoch in einer Online-Veranstaltung des Mediendienstes Integration aus Berlin.
Die Idee, Ankömmlinge nach einem beschleunigten Verfahren in die Türkei als vermeintlich sicheres Drittland abzuschieben und dabei internationales und EU-Recht zu beachten, habe sich als viel schwieriger erwiesen als gedacht. Die Zustände auf den griechischen Inseln, wo die aus der Türkei kommenden Migranten und Flüchtlinge festgehalten werden, bezeichnete Magennis als "schockierend".
Die EU sollte alle Anträge auf Asyl inhaltlich selbst prüfen, statt die Verantwortung auf andere Länder zu verlagern, verlangte Magennis. Sie erinnerte daran, dass Europa weltweit gesehen nur eine kleine Zahl von Flüchtlingen beherberge. Zugleich müssten abgelehnte Asylbewerber, die nicht freiwillig ausreisten, abgeschoben werden, erklärte die UNHCR-Vertreterin. Sonst unterminiere man das gesamte System.
Auch die Migrationsforscherin Valeria Hänsel warnte davor, den EU-Türkei-Pakt zum Vorbild künftiger Asylpolitik zu machen. Er schwäche die Verfahrensrechte der Betroffenen dramatisch, und die Türkei sei als Aufnahmeland hochproblematisch, urteilte die Wissenschaftlerin von der Universität Göttingen.
Für die kommenden Wochen werden Pläne der EU-Kommission für eine Asylrechtsreform erwartet. Deutschland, das am 1. Juli den EU-Ratsvorsitz übernimmt, könnte diese maßgeblich voranbringen.