Düsseldorf, Köln (epd). Der Kölner Politikwissenschaftler Christoph Butterwegge wirbt für eine Stärkung der öffentlichen Daseinsvorsorge, um gegen eine zweite Corona-Welle gewappnet zu sein. "In einigen Stadtteilen der großen Metropolen wie Köln, Düsseldorf oder dem Ruhrgebiet ist schon jetzt eine starke Verelendungstendenz zu sehen", sagte der Armutsforscher der Düsseldorfer "Rheinischen Post" (Donnerstag). Die Zahl der Wohnungs- und Obdachlosen steige, Altersarmut nehme zu und in der Mittelschicht wachse die Angst vor dem sozialen Abstieg. "Wir müssen deshalb die Kommunen in die Lage versetzen, für solche Menschen Angebote zu schaffen, also etwa Jugendzentren, Begegnungsstätten, Sanitärstationen und Frauenhäuser", erklärte er.
Dabei gehe es um eine gerechte Verteilung des Geldes und politische Prioritäten. "Weitere Steuersenkungen für Spitzenverdiener und Vermögende wären jetzt ein falsches Signal", sagte Butterwegge. "Vielmehr sollte man den Solidaritätszuschlag in voller Höhe beibehalten und in einen Corona-Soli umwandeln."
Der Armutsforscher kritisierte zudem das von der Bundesregierung beschlossene Konjunkturprogramm. Zwar setze es einen starken Impuls für die Wirtschaft, "mir gefällt aber nicht, dass rund 100 Milliarden auf die Unternehmen und nur 30 Milliarden auf Konsumenten, Arbeitnehmer, Transferleistungsbezieher und ihre Familien entfallen". "Eine gezielte Unterstützung von Bedürftigen wäre meines Erachtens nicht bloß moralisch geboten, sondern auch ökonomisch sinnvoll, weil dadurch die Massenkaufkraft gestärkt und die Binnenkonjunktur angekurbelt würde", sagte er. Finanzschwache trügen zusätzliches Einkommen sofort in die Geschäfte, statt es zu sparen oder damit zu spekulieren.
Butterwegge plädierte in der "Rheinischen Post" für einen Ernährungsaufschlag von 100 Euro im Monat für Bezieher von Hartz IV, Grundsicherung im Alter und Asylbewerberleistungen. "Das käme Menschen zugute, die Hilfe in der Corona- Krise am nötigsten haben", erklärte er. Denn die Mehrwertsteuersenkung diene vor allem umsatzstarken Konzernen. "Es ist auch ein Unterschied, ob man 2.400 Euro bei einem 80.000 Euro teuren Sportwagen spart oder ein paar Cent bei der Trinkmilch", sagte er.