Berlin (epd). Nach der Aufdeckung schweren Kindesmissbrauchs um einen Hauptbeschuldigten in Münster werden Forderungen nach einem konsequenteren Vorgehen bei sexueller Gewalt gegen Minderjährige laut. Die CDU drang am Montag auf eine Erhöhung des Strafmaßes bei sexuellem Missbrauch von Kindern. "Es muss möglich sein, für Täter und Mittäter sexuellen Missbrauchs drastische Strafen zu ermöglichen", sagte Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer am Montag nach der CDU-Präsidiumssitzung in Berlin. Sie will Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) zu einer entsprechenden Gesetzesänderung bewegen. Das Ministerium reagierte zurückhaltend.
Kramp-Karrenbauer verwies auf einen Beschluss der Innenministerkonferenz aus dem vergangenen Jahr, der bislang nicht umgesetzt wurde. Die Innenminister fordern, Kindesmissbrauch in jedem Fall als Verbrechen und nicht als Vergehen zu behandeln, was laut Kramp-Karrenbauer zu einem Mindeststrafmaß von einem Jahr Freiheitsstrafe führen würde. Zudem soll der Strafrahmen heraufgesetzt werden, auch für die Herstellung, Beschaffung oder Verbreitung von Kinderpornografie auf bis zu fünf Jahre.
"Es kann nicht sein, dass der einfache Ladendiebstahl mit einem höheren Strafrahmen belegt ist, als es der Fall ist, wenn man sich kinderpornografisches Material verschafft", sagte die CDU-Vorsitzende. Sie kündigte Gespräche mit der Bundestagsfraktion von CDU/CSU und auch innerhalb der Koalition an. Der Vize-Vorsitzende der Fraktion, Thorsten Frei (CDU), erklärte am Montag bereits seine Zustimmung zu einer Erhöhung des Strafmaßes. Zudem sprach er sich für eine längere Speicherung der Strafen und Erleichterungen bei der Untersuchungshaft bei Kinderpornografie-Verdacht aus.
Ein Sprecher des Bundesjustizministeriums sagte dem epd, Kindesmissbrauch gehöre zu den schwersten Straftaten, die das deutsche Recht kennt. Das geltende Rechte gebe den Gerichten bereits Raum für "empfindliche Strafen". "Das hat zuletzt die Verurteilung im Fall Lügde zu 13 Jahren Freiheitsstrafe und anschließender Sicherungsverwahrung gezeigt", sagte der Sprecher. Ebenso wichtig wie die gesetzliche Grundlage sei zudem die bestmögliche Ausstattung von Polizei und Justiz, um Taten zu verfolgen und zu verhindern.
Der Bundesbeauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs, Johannes-Wilhelm Rörig, sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Montag), Missbrauchstäter seien oft gut vernetzt, gut organisiert und den Ermittlungsbehörden technisch sehr oft voraus. "Wir brauchen deshalb bundesweit eine personell gut ausgestattete Polizei, die ihrerseits mit modernster Ermittlungstechnik ausgestattet ist." Der Kinderschutzbund in Nordrhein-Westfalen forderte eine bessere Zusammenarbeit der Behörden.
Rörig forderte zudem "eine Schärfung der Ermittlungsinstrumente wie die EU-rechtskonforme Vorratsdatenspeicherung der IP-Adressen". Auch Kramp-Karrenbauer sprach sich für die Vorratsdatenspeicherung aus. Datenschutz sei an der Stelle Täterschutz, sagte sie.
Mit Festnahmen und Durchsuchungen in mehreren Bundesländern war die Polizei kürzlich gegen ein Netzwerk vorgegangen, das für schweren sexuellen Missbrauch und Kinderpornografie verantwortlich sein soll. Festgenommen wurden elf Beschuldigte. Sie sollen über Jahre hinweg Kinder missbraucht und die Taten gefilmt haben. Hauptbeschuldigter ist ein bereits mehrfach vorbestrafter 27-jähriger IT-Spezialist aus Münster. Festgenommen wurden auch zwei Männer aus Hannover im Alter von 35 und 29 Jahren.
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