Berlin (epd). Vor dem Hintergrund der Proteste gegen Rassismus und Polizeigewalt gegen Schwarze in den USA fordern SPD, Grüne und Linke auch in Deutschland strukturelle Reformen. Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken sprach sich für eine unabhängige Aufarbeitung von Gewalt und Rassismus bei der Polizei aus. Es dürfe nicht der Eindruck entstehen, der polizeiliche Korpsgeist spiele eine größere Rolle als die Rechte von Bürgerinnen und Bürgern, sagte Esken den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Montag). "Deshalb muss eine unabhängige Stelle mit der Bearbeitung solcher Beschwerden betraut werden", sagte Esken.
Auch der Linken-Bundestagsabgeordnete Lorenz Gösta Beutin sprach sich für unabhängige Beobachtungsstellen aus. "Wir haben auch in Deutschland ein Problem", sagte er. Die Grünen-Abgeordnete Irene Mihalic sagte den Funke-Zeitungen (online), ihre Fraktion habe bereits einen Gesetzentwurf für einen unabhängigen Polizeibeauftragten in den Bundestag eingebracht. Sie forderte nun Zustimmung von der SPD: "Den Worten der SPD-Vorsitzenden müssen jetzt Taten folgen", sagte Mihalic.
Forderungen nach einer unabhängigen Beschwerdestelle für Hinweise über mutmaßliches Fehlverhalten von Polizisten gab es in der Vergangenheit wiederholt. Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums äußerte sich am Montag "eher skeptisch, was eine zentrale Stelle dieser Art angeht". Er verwies auf die föderale Struktur der Polizei.
Bei der Bundespolizei, die dem Bundesinnenministerium untersteht, gibt es nach seinen Angaben eine externe Beschwerdestelle, bei der sich Betroffene melden können, sowie eine Vertrauensstelle, bei der Beamte selbst auch anonym Hinweise auf Fehlverhalten geben können. Der Sprecher sagte, Rassismusvorwürfe bei der Bundespolizei seien "Einzelfälle". In den vergangenen acht Jahren habe es 25 Verdachtsfälle gegeben.
Die Gewerkschaft der Polizei wies einen Generalverdacht gegen deutsche Beamte zurück. Es gebe keinen Anlass, "einen Zusammenhang mit der deutschen Polizei zu konstruieren", erklärte der stellvertretende Bundesvorsitzende Dietmar Schilff. Bei Rassismus gebe es eine klare Haltung. "Da müssen Konsequenzen erfolgen, und das ist auch schon geschehen", sagte Schilff: "Der Polizei und ihren Beschäftigten aber eine solche Grundhaltung vorzuhalten, ist abwegig und trägt populistische Züge."