Frankfurt a.M. (epd). Akteure der politischen Rechten drängen laut einer Studie in die Zivilgesellschaft und üben zugleich Fundamentalkritik an den etablierten zivilgesellschaftlichen Organisationen. Die AfD habe in ihrem Strategiepapier 2019 zum "Marsch durch die Organisationen" aufgerufen, um "sich stärker in der Bürgergesellschaft zu verankern", heißt es in der am Montag in Frankfurt am Main vorgestellten Analyse der gewerkschaftsnahen Otto Brenner Stiftung mit dem Titel "Bedrängte Zivilgesellschaft von rechts".
Laut Studie werden Gewerkschaften in rechten Kreisen als multikulturelle "Arbeiterverräter" diffamiert. Zudem werde von einer "Asylindustrie" der Wohlfahrtsverbände gesprochen. Den Kirchen werde vorgeworfen, die Werte des christlichen Abendlandes aufzukündigen. Sportverbände würden des Verrats am "Nationalsport" beschuldigt, und der Kulturbereich gelte als linksgrün ausgerichteter Handlanger der Politik.
"Rechte Akteure zielen darauf ab, bestehende Konflikte innerhalb der untersuchten Bereiche zu politisieren, um sie zu verstärken und thematische Anknüpfungspunkte für ihre politische Agenda zu etablieren", erklärt Jupp Legrand, Geschäftsführer der Otto Brenner Stiftung.
Die Reaktionen zivilgesellschaftlicher Organisationen auf diese Interventionsversuche folgten keinem einheitlichen Muster, heißt es. Sie bewegten sich zwischen dem Ignorieren rechter Aktivitäten und einer aktiven Ausgrenzung zentraler Akteure. Insgesamt "gibt es angesichts der Diversität rechter Aktivitäten kein Patentrezept", resümiert der Studienleiter und Kasseler Politikwissenschaftler Wolfgang Schroeder. "Die zivilgesellschaftlichen Organisationen müssen im Einzelfall entscheiden, wie sie angemessen reagieren."
Nach Schroeders Überzeugung wird die Corona-Pandemie in der Zivilgesellschaft tiefe Spuren hinterlassen, alte Streitpunkte verstärken und neue Konflikte anheizen. Ziel rechter Akteure werde es sein, dies für eine neue Welle von Aufmerksamkeit zu nutzen. Es müsse deshalb" darum gehen, die organisierte Zivilgesellschaft in ihrer positiven Rolle als Hort der Demokratie zu stärken, damit sie ihren unverzichtbaren Beitrag für den gesellschaftlichen Zusammenhalt auch künftig leisten kann", heißt es im Vorwort der Studie.