Berlin, São Paulo (epd). In Brasilien sind Tausende Menschen aus Protest gegen den rechtsextremen Präsidenten Jair Bolsonaro auf die Straße gegangen. In mindestens elf Hauptstädten der Bundesstaaten fanden am Sonntag (Ortszeit) Demonstrationen statt, wie die Tageszeitung "Estado de São Paulo" berichtete. Die größten Proteste gab es in der Hauptstadt Brasília sowie in São Paulo und Rio de Janeiro. Die Demonstranten hielten Plakate mit der Aufschrift "Fora Bolsonaro" ("Weg mit Bolsonaro") hoch und protestierten gegen Polizeigewalt. Bolsonaro hatte die Demonstranten zuvor als "Terroristen" beschimpft.
Zivilgesellschaftliche Organisationen und die Nationale Bischofskonferenz hatten dazu aufgerufen, wegen der Corona-Pandemie zum Schutz vor Ansteckungen keine Massenproteste zu veranstalten. Deshalb blieben viele Regierungsgegner den Demonstrationen fern und veranstalteten sogenannte Panelaços, bei denen am offenen Fenster mit Kochlöffeln auf Töpfe geschlagen wird.
Auch Anhänger des Präsidenten gingen auf die Straße - allerdings waren deren Demonstrationen Medienangaben zufolge deutlich kleiner. In São Paulo forderten Bolsonaros Anhänger erneut eine Militärintervention und verurteilten die Quarantänemaßnahme der Gouverneure zur Eindämmung der Corona-Pandemie. Bolsonaro hatte mehrfach öffentlich die Pandemie als "kleine Grippe" und Inszenierung der Medien bezeichnet, mit der nur der brasilianischen Wirtschaft geschadet werden solle.
Brasilien ist nach den USA das am härtesten von der Pandemie betroffene Land. Offiziellen Angaben zufolge sind bereits mehr als 36.000 Menschen an den Folgen des Coronavirus gestorben. Mehr als 691.000 Menschen sind mit dem neuartigen Virus infiziert. Allerdings liegt die Dunkelziffer vermutlich um ein vielfaches höher. Brasilien ist eines der Länder mit der weltweit niedrigsten Rate von Tests bezogen auf die Gesamtbevölkerung.