Berlin, São Paulo (epd). In Brasilien haben die regionalen Gesundheitsbehörden der Regierung Manipulation bei der statistischen Erfassung der Corona-Infizierten vorgeworfen. Die Staatsanwaltschaft setzte eine Untersuchung an und gab dem Gesundheitsministerium eine Frist von 72 Stunden, um die neue Datenerfassung zu erklären, wie die Tageszeitung "Folha de São Paulo" am Sonntagabend (Ortszeit) berichtete.
Seit Freitagabend veröffentlicht das Gesundheitsministerium keine Gesamtzahl der Toten nach einer Corona-Infektion mehr, sondern meldet nur noch die Opferzahl der vergangenen 24 Stunden. Das Ministerium hat auch die Datensammlung, die die Entwicklung der vergangenen Monate aufzeigt, aus dem Netz entfernt.
Die regionalen Gesundheitsbehörden warfen der Regierung einen "autoritären, unsensiblen, unmenschlichen und unethischen Versuch, die Covid-19-Toten unsichtbar zu machen" vor. Der Rat der nationalen Gesundheitsbehörden Conass veröffentlichte parallel zur Regierung eine Statistik über die Covid-19-Infektionen.
Das Gesundheitsministerium erklärte zu der Kritik lediglich, es werde eine neue Plattform für die Daten entwickeln. Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro hatte die Änderungen mit dem Satz kommentiert: "Das ist ab jetzt kein Thema mehr für die Hauptnachrichten."
Nach Medienberichten hatte das Gesundheitsministerium am Sonntagabend (Ortszeit) angegeben, 1.382 Menschen seien in den vergangenen 24 Stunden an den Folgen einer Corona-Infektion verstorben. Wenig später korrigierte das Ministerium die Zahl auf 525, ohne eine Erklärung dafür zu liefern. Nachdem während der Pandemie zwei Gesundheitsminister, beide sind Ärzte, im Streit über das Krisenmanagement mit Bolsonaro die Regierung verlassen haben, wird das Ministerium jetzt übergangsweise von General Eduardo Pazuello geführt.