Düsseldorf, Münster (epd). Zigtausende Menschen haben am Wochenende in Berlin und anderen deutschen Städten gegen Rassismus und Polizeiwillkür demonstriert. Wegen der rund 15.000 Teilnehmer auf dem Berliner Alexanderplatz sperrte die Polizei die umliegenden Straßen für den Verkehr. Viele Demonstranten trugen schwarze Kleidung und riefen immer wieder den Slogan "Black Lives Matter" ("Schwarze Leben zählen"). Großdemonstrationen nach dem gewaltsamen Tod des schwarzen US-Amerikaners George Floyd fanden unter anderem auch in Hamburg, Hannover, Frankfurt und Düsseldorf statt.
Der Afroamerikaner Floyd war am 25. Mai bei einem Polizeieinsatz in Minneapolis (US-Bundesstaat Minnesota) getötet worden. Die auf einem Video festgehaltene Festnahme Floyds, bei der er starb, löste heftige Proteste in den USA und weiteren Teilen der Welt aus.
Auf Plakaten wurde in Berlin auch an Menschen dunkler Hautfarbe erinnert, die in Deutschland Opfer rassistischer Gewalt wurden. Die Kundgebung selbst verlief laut Polizei störungsfrei, wurde wegen der anwachsenden Menschenmenge jedoch vorzeitig beendet. Wegen der Festnahme eines Mannes nach einer Sachbeschädigung an einem Polizeifahrzeug seien Flaschen und Steine auf Polizeikräfte und Passanten geflogen, berichtete die Polizei. Dabei seien Einsatzkräfte und ein Pressefotograf verletzt worden. Insgesamt sei es im Zusammenhang mit der Anti-Rassismus-Demonstration zu 72 vorübergehenden Festnahmen gekommen, sagte ein Polizeisprecher am Sonntag.
In Hamburg erinnerten Tausende Menschen am Jungfernstieg mit einer Schweigeminute auf Knien an den Tod von George Floyd. Insgesamt nahmen am Samstag in der Hansestadt nach Polizeiangaben rund 20.000 Menschen auf zwei Demonstrationszügen an den Protesten teil; 6.000 Demonstranten versammelten sich auf dem Rathausplatz, 14.000 in der Innenstadt. Am späten Nachmittag kam es zu Ausschreitungen an mehreren Orten der Stadt, die bis zum Abend dauerten. Die Polizei setzte Wasserwerfer ein, es gab mehrere Festnahmen.
Polizeikräfte seien von mehreren Hundert aggressiven und vermummten Personen in Bedrängnis gebracht worden, berichtete die Hamburger Polizei. In den sozialen Medien wurde der Einsatz der Sicherheitskräfte dagegen als unangemessen kritisiert.
Angemeldet worden waren für die Hamburger Kundgebungen lediglich 800 Personen. Trotz der hohen Zahl wurden die Protestaktionen von der Polizei jedoch nicht beendet. Ein gewaltsames Ende hätte das Risiko einer Corona-Infektion vermutlich erhöht, hieß es zur Begründung.
In Nordrhein-Westfalen beteiligten sich rund 40.000 Menschen an den Protesten. Allein 20.000 nahmen nach Polizeiangaben an einem friedlichen Schweigemarsch in Düsseldorf teil, in Köln kamen bei zwei Demonstrationen gut 10.000 Menschen, in Münster 5.000 zusammen. "Silent Protest" war das Motto der Aktionen in NRW, die auch in Dortmund, Bonn und weiteren Städten stattfanden. Alle Kundgebungen seien friedlich verlaufen, so die Polizei. Am Sonntagnachmittag sollte eine Anti-Rassismus-Demo in Aachen stattfinden.
In Düsseldorf verharrten zum Auftakt am DGB-Haus die Demonstranten für acht Minuten und 46 Sekunden in Schweigen. So lange hatte am 25. Mai ein Polizist sein Knie auf den Hals des Afroamerikaners gedrückt, der danach starb. "Mit unserer Demonstration wollen wir ein starkes Zeichen gegen Rassismus setzen in den USA, aber auch bei uns in Deutschland", erklärten die Veranstalter.
In Frankfurt am Main versammelten sich nach Polizeiangaben rund 8.000 Demonstranten zu einem Protestzug in der Innenstadt. Teilnehmer hielten Schilder hoch mit Aufschriften wie "Justice for George Floyd" (Gerechtigkeit für George Floyd) oder "no justice no peace" (keine Gerechtigkeit, kein Friede). In Hannover kamen etwa 8.500 Menschen auf dem Opernplatz zusammen. Beide Versammlungen liefen nach Polizeiangaben friedlich, die Beteiligten hielten sich auch an die Corona-Auflagen.
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