Wer in diesen Tagen die Dreieinigkeitskirche in Regensburg betritt, kommt in den Hörgenuss des Stimmens und Intonierens. Die 2.827 Pfeifen sind bereits an Ort und Stelle, der Aufbau der neuen Orgel ist weitgehend abgeschlossen. Aber damit die Orgel auch richtig schön klingt, muss sie auf den Klangraum der Kirche abgestimmt werden, sie muss "intoniert" werden, wie die Experten sagen. Diese Feinarbeit übernimmt Orgelbaumeister Hendrik Ahrend aus Leer in Ostfriesland.
Jede Pfeife bearbeitet er einzeln nach. Gerade befindet er sich im Oberwerk der Orgel, ganz oben im zweiten Stock. Unten sitzt Haidy Ronke und spielt auf der Klaviatur wieder eine Pfeife an. Ahrend nimmt die Pfeife heraus, schneidet ein Stück ab, "dann wird sie weiter, dadurch lauter, aber auch höher", sagt er. Wenn die Pfeife zu viel Luft bekommt, werde unten mit dem Hämmerchen der Fuß noch ein bisschen zusammengeklopft. Oder die Lippe vorne werde ein bisschen aufgebogen. Im Anschluss werde jede einzelne Pfeife noch gestimmt, indem sie ein bisschen höher oder tiefer gesetzt werde, solange bis sie sauber klingt.
Alle Bestandteile der Orgel wurden in der Orgelbaufirma Ahrend hergestellt. Zehn Mitarbeiter haben ein Jahr lang daran gearbeitet. Für die Klangqualität und die Stimmhaltung spielen vor allem die Pfeifen eine herausragende Rolle, sagt Ahrend. Sie bestehen zu 90 Prozent aus Zinn, der Rest sei eine Bleimischung.
Ahrend hat die Pfeifen etwas länger gelassen. "Das heißt, ich habe ein bisschen Reserve im Ton, damit ich sie hier auf Länge abschneiden kann." Eine Pfeife mache schließlich nicht nur einen Ton, sondern einen Klang, sagt Ahrend. Beim Intonieren gehe es um diese Klangfarbe, die Lautstärke, Geräuschanteile, das Anspracheverhalten und dergleichen mehr.
Niemand weiß so genau, wie historische Instrumente vor 300 Jahren geklungen haben. Aber die Bachtradition spielt eine entscheidende Rolle im liturgischen und protestantischen Kontext. Ahrend hat bereits an die zwei Dutzend Orgeln im norddeutschen Orgelland gebaut und anschließend intoniert. "Nicht dass Bach so eine Orgel gehabt hätte", sagt er. "Aber dass seine Musik darauf besonders klingt", darauf komme es an.
Auf Register und Klangfarben müsse sich der Orgelbauer dabei besinnen, die im 18. Jahrhundert schließlich populär waren oder die Bach einmal erwähnt habe oder die in seinem Umfeld aufkamen. "Die Orgel soll eine schöne Helligkeit haben bei ausreichend Grundtonalität, wie bei jemandem mit einer schönen Stimme."
Seltene Klänge
Die neue Regensburger Orgel wird 48 Register haben, eine große Orgel, mit der man auch so seltene Klänge wie Zimbeln und Glockenspiel sowie ein Register namens Meereswelle zu Gehör bringen kann. Teilwerke sind auch schon fertig, einige Register schon eingestimmt.
Kirchenmusikdirektor Roman Emilius hat das Prinzipal-Register im Oberwerk schon gespielt. "Das war eine glückliche Stunde", sagt er. Nach einer langen Zeit der Rückschläge, in der sich der Orgelneubau immer wieder verzögert habe, sei die feierliche Premiere an der Orgel am 27. September nun zum Greifen nahe.
Emilius hat das 1,2 Millionen Euro-Projekt, das ausschließlich von Spenden finanziert ist, elf Jahre lang begleitet. 2009 wurde die Vorgängerorgel von 1966 ausgebaut. Sie hatte nicht mehr zuverlässig funktioniert. Erhalten sind nur das Rokoko-Gehäuse der einstigen Späth-Orgel aus dem Jahr 1758 und ein paar Pfeifen.
Nun wird es in dem protestantischen Kirchenbau aus dem Jahr 1631 wieder eine adäquate Darstellung der Musik Johann Sebastian Bachs geben. "Es gibt große Orgeln in Regensburg, symphonische Orgeln, französische Kathedralorgeln wie im Dom, es gibt süddeutsch angehauchte Orgeln wie unsere historische Orgel in der St. Oswaldkirche. Aber ich denke, diese Orgel ist für Regensburg einzigartig, diesen Stil gibt es hier noch nicht", sagt Emilius.