Aachen, Düsseldorf (epd). Mit einer Online-Petition wollen sich Europa- und NRW-Landespolitiker für einen Stopp der belgischen Atomkraftwerke Doel und Tihange stark machen. Auch werde die Verlängerung eines derzeit laufenden belgischen Konsultationsverfahrens zur möglichen Lagerung von Atommüll der beiden Meilern gefordert, erklärte am Mittwoch der Europaabgeordnete und Grünen-Politiker Sven Giegold, der die Petition "Stopp Tihange" gemeinsam mit dem Aachener Europaparlamentarier Daniel Freund und der nordrhein-westfälischen Grünen-Landesvorsitzenden Mona Neubaur gestartet hat.
Das belgische Konsultationsverfahren, mit dessen Hilfe die Art der Atommülllagerung aus Tihange und Doel festgelegt werden soll, solle schon am 13. Juni enden, erläuterte Giegold. Er kritisierte, dass mit dem Verfahren in Belgien während der Corona-Krise mit Ausgangssperren und Kontaktbeschränkungen eine unpopuläre Entscheidung durchgesetzt werden solle und Bürger keine Chance hätten, zu demonstrieren. Vielmehr müsse das Verfahren von einer breiten Öffentlichkeit diskutiert und demokratisch ausgehandelt werden, forderte er.
Es verstoße gegen EU-Recht, wenn weder Behörden noch Menschen in den grenznahen Regionen in Deutschland, den Niederlanden und Luxemburg informiert würden, kritisierte Giegold. Zudem müsse Belgien laut Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für die geplante Laufzeitverlängerung der Reaktoren eine grenzüberschreitende Umweltverträglichkeitsprüfung durchführen. "Was bis heute nicht erfolgt ist", erklärte der Europa-Parlamentarier und appellierte an Bürgerinnen und Bürger, die Petition zu unterzeichnen.
Im Juli 2019 hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) festgestellt, dass die zur Laufzeitverlängerung von Doel 1 und 2 erforderlichen vorherigen Umweltverträglichkeitsprüfungen nicht stattgefunden haben. Anfang März dieses Jahres kippte das belgische Verfassungsgericht die längere Laufzeit, genehmigte aber den Weiterbetrieb bis Ende 2022 wegen befürchteter Versorgungsengpässe. Umweltschützer kritisieren, dass deutsche Bundesbehörden trotz der Gerichtsurteile die Ausfuhr von Brennelementen genehmigt haben, die zum Weiterbetrieb der Reaktoren unbedingt nötig seien.
Atomkraftgegner fordern seit Jahren die Stilllegung der Brennelementefabrik im niedersächsischen Lingen. Diese beliefert Atomkraftwerke in mehreren europäischen Staaten mit frischen Brennstäben, darunter auch die als "Risiko-Reaktoren" geltenden Kraftwerke Doel und Tihange. In der Grenzregion Aachen besteht die Sorge vor einem atomaren Unfall in einer der beiden Atomanlagen. Seit Jahren stehen die beiden Atomkraftwerke wegen Tausender Haarrisse an den Behältern in der Kritik.