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TV-Tipp: "Schwartz & Schwartz: Wo der Tod wohnt" (ZDF)
23.5., ZDF, 20.15 Uhr
Ein Staubsaugroboter fährt durch eine Wohnung. Der Film wechselt in die Schwarzweiß-Perspektive des Geräts. Hier ein Fußabdruck, dort ein Blutfleck - und dann eine Herausforderung, an der der Roboter nur scheitern kann, weshalb er schließlich verwirrt das Weite sucht.

Eine Frau liegt in einer großen Blutlache. Für die Nachbarn ist der Fall klar: Das Opfer hatte zu Lebzeiten regelmäßig Auseinandersetzungen mit einem älteren Mann. Marlon Ortlieb (Hendrik Arnst), ein in der Tat reichlich wunderlicher Zeitgenosse, hat Clea (Katja Studt) regelmäßig terrorisiert, indem er immer und immer wieder das Lied "Ferry cross the Mersey" von Gerry & the Pacemakers in voller Lautstärke gespielt hat. Eines Tages ist der Dauerstreit dann offenbar eskaliert; nun liegt Clea erschlagen in ihrem Blut und Ortlieb weggesperrt. Seine Tochter ist jedoch überzeugt, dass der Alte keiner Fliege was zu Leide tun könnte, und bittet die Brüder Andi und Mads Schwartz (Devid Striesow, Golo Euler) um Hilfe.

Bis hierhin erzählt "Wo der Tod wohnt" eine zwar originell gestaltete, aber im Grunde nicht weiter ungewöhnliche Geschichte. Richtig interessant wird der dritte Fall für das ungleiche Detektiv-Duo, als die Episodenhauptfigur auftaucht: Karin Lichtness (Nina Kunzendorf), Leiterin der Mordkommission, ist nicht nur eine Nachbarin von Clea, sie war auch eine gute Freundin. Die Hauptkommissarin hat Ortlieb ohnehin für eine wandelnde Zeitbombe gehalten. Da offenkundig alle  Indizien gegen den Alten sprechen, macht sie sich gar nicht erst die Mühe, nach anderen Erklärungen zu suchen, zumal ihr der spektakuläre Fall perfekt in die Karten spielt: Die Dame hat politische Ambitionen und verbreitet in einem Videoblog freundlich lächelnd gefährliche populistische Thesen. Ex-Polizist Mads kennt Lichtness besser, als ihm lieb ist: Sie war einst seine Ausbilderin und hat sich schon damals durch eine zweifelhafte Haltung hervorgetan.

Natürlich lebt auch der dritte Fall für Schwartz & Schwartz neben diversen skurrilen Szenen von der Gegensätzlichkeit der beiden Brüder: hier der brave Familienvater (Euler), dort der ehemalige Hochstapler (Striesow), der zuviel trinkt und womöglich auch noch ein Spielsuchtproblem hat. Das Drehbuch stammt erneut von Alexander Adolph und Eva Wehrum, die das Duo erfunden haben; der zweifache Grimme-Preisträger Adolph, Schöpfer der Krimireihe "Unter Verdacht" mit Senta Berger, hat wieder Regie geführt. Geschickt reicht die Geschichte nach, was sich in der Zeit vor der Tat ereignet hat, denn Clea hat minutiös alle Verfehlungen Ortliebs in einem Tagebuch festgehalten; Mads’ Lektüre wird durch entsprechende Rückblenden illustriert. Ein Sexspielzeug deutet zudem darauf hin, dass Cleas kurz vor ihrem Tod noch Besuch hatte; auch dieser Spur ist die Polizei nicht nachgegangen.

Zuschauer mit Krimi- und Fernseherfahrung werden Adolph und Werum allerdings nicht so artig auf den Leim gehen, wie sich die beiden das sicher erhofft haben. Die Identität des Mannes, mit dem Clea eine heimliche Beziehung hatte, offenbart sich quasi umgehend, weil sich unter den Nachbarn nur ein gesichtsbekannter Schauspieler befindet. Auch der tatsächliche Tathergang ist letztlich keine Überraschung. Das tut dem Seh-Vergnügen aber keinen Abbruch, weil die Handlung trotzdem unvorhersehbare Wendungen nimmt und es erneut viel Spaß macht, vor allem Devid Striesow dabei zuzuschauen, wie er in immer wieder neue Figuren schlüpft. Diesmal gelingt es Andi unter dem Vorwand, er sei der Seelsorger der Familie, ein Gespräch mit Ortlieb zu führen. Der Alte behauptet, er habe am Tatort einen Mann mit zwei Köpfen gesehen, und das entspricht, wie sich am Ende zeigt, tatsächlich der Wahrheit; gewissermaßen jedenfalls.

Amüsant ist auch eine Gastrolle für Thomas Schmauser als weiterer Tatverdächtiger: Clea hat als Buchhalterin für eine dubiose und höchstwahrscheinlich kriminelle Vereinigung gearbeitet; der joviale Rockerchef Hartsch hat allerdings breitschultrige Argumente für seine Unschuld. Etwas unterfordert wirkt hingegen erneut Cornelia Gröschel, immerhin "Tatort"-Hauptdarstellerin (Dresden), aber wenigstens gönnen Adolph und Wehrum der Frau von Mads eine sehr amüsante Szene, als sie sich von Andi breitschlagen lässt, die Polizistin hinters Licht zu führen. Nina Kunzendorf wiederum verkörpert die ehrgeizige Frau reizvoll ambivalent: Der Kern ihrer Aussagen ist höchst unsympathisch, aber die Verpackung ist äußerst ansprechend; kein Wunder, dass sich Karin Lichtness großer Beliebtheit erfreut.