Oldenburg (epd). Gegen eine Beteiligung von drei Richtern, die schon im jüngsten Prozess gegen den Patientenmörder Niels Högel eingesetzt waren, gibt es aus gesetzlichen Gründen auch in einem Verfahren gegen frühere Vorgesetzte Högels keine Einwände. Das hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichtes Oldenburg jetzt entschieden, wie aus einer Mitteilung des Gerichtes vom Freitag hervorgeht. (Az: 1 Ws 140/20)
Die Verteidigung der Vorgesetzten hatte argumentiert, die Richter kämen nur als Zeugen in Betracht, weil sie im vorgelagerten Verfahren vor der Schwurgerichtskammer Oldenburg "entscheidungserhebliche Kenntnisse" erlangt hätten. Ein Zeuge könne aber nicht zugleich Richter sein.
Schon das Landgericht hatte dieser Auffassung widersprochen, das Oberlandesgericht bestätigte nun diesen Standpunkt. Der 1. Strafsenat urteilte, es bestehe kein gesetzlicher Ablehnungsgrund. Die Richter seien auch nicht deshalb auszuschließen, weil sie den Sachverhalt teilweise aus dem Vorverfahren kennen würden.
Staatsanwaltschaft und Nebenkläger wollen erreichen, dass sich frühere Vorgesetzte im Klinikum Oldenburg wegen Totschlags durch Unterlassen vor Gericht verantworten müssen. Sie werfen ihnen vor, Högel trotz eines Verdachts nicht gestoppt zu haben, weil sie um den Ruf ihrer Abteilung und ihres Klinikums besorgt waren. Der ehemalige Krankenpfleger Niels Högel war vor knapp einem Jahr wegen 85-fachen Mordes an Patienten zu lebenslanger Haft verurteilt worden.
Das Verfahren gehe jetzt zurück zum Landgericht Oldenburg, hieß es. Mehrere Angeschuldigte hätten bereits gegen die Richter der Schwurgerichtskammer einen Befangenheitsantrag gestellt. "Befangen" ist ein Richter, wenn Zweifel an seiner Unparteilichkeit bestehen, etwa weil er sich unsachlich oder wertend über einen Beteiligten geäußert hat. Ob dies vorliegend der Fall war, muss jetzt vom Landgericht geprüft werden, wobei auch gegen diese Entscheidung eine Beschwerde beim Oberlandesgericht möglich ist.