Berlin (epd). Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) setzt auf ein größeres Verständnis globaler Zusammenhänge in der Bevölkerung. Er hoffe, dass infolge die Corona-Krise ein Umdenken erfolgt, sagte Müller der "Berliner Zeitung" (Freitag) und fügte hinzu: "Wir haben hoffentlich verstanden, dass wir in einem globalen Dorf leben."
Das Coronavirus habe seinen Ausgang auf einem Wildtiermarkt in China genommen und in vier Monaten die ganze Welt infiziert. In Normalzeiten säßen sieben Millionen Menschen pro Tag im Flugzeug, ein einziges Schiff von Shanghai nach Hamburg transportiere 25.000 Container. "Und so hängt alles miteinander zusammen: die Chancen der Globalisierung, aber auch Gefahren und Risiken", sagte der Entwicklungsminister.
Vieles gerate jedoch erst in den Blick, wenn man Menschen direkt sehe: "Im Augenblick regt sich ganz Deutschland zu recht über die Arbeitsbedingungen in den großen Fleischfabriken auf. Die Kameras sind darauf gerichtet. Wir sehen aber nicht, wie 70 Millionen Kinder in den Entwicklungsländern unter ausbeuterischen Bedingungen arbeiten - auch für unsere Konsumgüter", sagte der CSU-Politiker. Er sprach von "moderner Sklaverei".
Kein Automobilwerk in Deutschland könnte ohne Rohstoffe aus dem Kongo oder Sambia produzieren, wo in vielen illegalen Minen Kinder schufteten. Kleidung werde in Bangladesch oder in Äthiopien produziert, wo Näherinnen 14 Stunden am Tag für einen Hungerlohn arbeiteten. "Unser Wohlstand gründet sich erheblich auch auf der Ausbeutung der Menschen und der Ressourcen in Entwicklungsländern", sagte Müller.