Kassel (epd). In Deutschland lebende EU-Bürger haben grundsätzlich Anspruch auf Elterngeld. Nur wenn die Ausländerbehörde formell festgestellt hat, dass EU-Ausländer nicht "freizügigkeitsberechtigt" sind - insbesondere weil sie in Deutschland nicht arbeiten oder arbeiten wollen - können Elterngeldstellen die Hilfeleistung ablehnen, entschied das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel in einem am Montag bekanntgegebenen Urteil. (AZ: B 10 EG 5/18 R)
Im Streitfall lebt die kroatische Klägerin seit Dezember 2012 in Deutschland. Bis zur Geburt ihrer Tochter im April 2015 war die Frau weder krankenversichert noch bezog sie Mutterschaftsgeld. Von Juli bis Oktober 2015 hatte sie lediglich einen Minijob. Bei der Elterngeldstelle beantragte sie Elterngeld. Bei fehlenden Einkünften sehen die maßgeblichen Regelungen ein Basiselterngeld in Höhe von monatlich 300 Euro vor.
Die Behörde lehnte die Zahlung ab. Elterngeld könnten EU-Bürger nur beanspruchen, wenn sie nach EU-Recht "freizügigkeitsberechtigt" seien. Dies sei insbesondere bei Arbeitnehmern oder arbeitsuchenden EU-Bürgern der Fall oder auch bei Menschen, die nach fünf Jahren rechtmäßigen Aufenthalts ein Daueraufenthaltsrecht in Deutschland erworben haben. Die Klägerin habe aber nicht als Arbeitnehmerin hier gearbeitet oder sich um eine reguläre Arbeit bemüht.
Das BSG sprach der Frau jedoch Elterngeld zu. Bei EU-Bürgern gelte eine "generelle Freizügigkeitsvermutung". Sie müssten damit ebenso wie Inländer beim Elterngeld gleichbehandelt werden. Nur wenn die Ausländerbehörde formell feststelle, dass ein Unionsbürger nicht freizügigkeitsberechtigt sei, könne das Elterngeld versagt werden. Dies habe die Ausländerbehörde bei der kroatischen Klägerin aber nicht getan.