Düsseldorf (epd). Die Corona-Krise verstärkt einer Studie zufolge massiv die Ungleichheit zwischen den Geschlechtern. Fortschritte bei der Aufteilung von Erwerbs- und unbezahlter Sorgearbeit würden in vielen Familien zumindest zeitweilig zurückgenommen, teilte die gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung am Donnerstag in Düsseldorf mit. Diese Tendenz sei in Haushalten mit niedrigeren oder mittleren Einkommen stärker ausgeprägt als bei höheren Einkommen, wie aus einer Online-Umfrage hervorgehe, für die die Stiftung rund 7.700 Personen interviewen ließ.
Wenn Eltern in Zeiten geschlossener Kitas und Schulen einspringen müssen, tragen der Auswertung zufolge Mütter die Hauptlast. In Haushalten mit mindestens einem Kind unter 14 Jahren haben 27 Prozent der Frauen, aber nur 16 Prozent der Männer ihre Arbeitszeit reduziert, um die Kinderbetreuung zu gewährleisten. Bei Haushalten mit geringerem oder mittlerem Einkommen fällt die Diskrepanz noch größer aus (rund 12 beziehungsweise 14 Prozentpunkte). Familien mit wenig Geld könnten es sich häufig nicht leisten, auf das meist höhere Gehalt des Mannes zu verzichten, hieß es zur Begründung.
"Die Pandemie legt nicht nur problematische Ungleichheiten in den wirtschaftlichen und sozialen Möglichkeiten offen, sie verschärft sie oft noch", sagte Bettina Kohlrausch, wissenschaftliche Direktorin des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts der Hans-Böckler-Stiftung. Neben Beschäftigten mit niedrigeren Einkommen, in Betrieben ohne Tarifvertrag oder Betriebsrat seien Frauen derzeit überproportional belastet.
Generell erleben den Angaben nach Erwerbstätige ihre Lage in der Pandemie noch deutlich häufiger als belastend, wenn sie Kinder unter 14 Jahren haben. 48 Prozent der Eltern in Paarbeziehungen bewerten ihre Gesamtsituation als "äußerst" oder "sehr belastend". Unter den Alleinerziehenden sind es knapp 52 Prozent - gegenüber knapp 39 Prozent unter den Befragten ohne Kinder bis maximal 14 Jahre.
Die Forscherinnen warnen angesichts dieser Beobachtungen vor langfristigen Gefahren für die Erwerbsverläufe von Frauen. Weil die ökonomischen Folgen der Krise noch länger spürbar sein würden, sei eine Rückkehr zur vorherigen Arbeitszeit unter Umständen nicht möglich. Somit drohten auf längere Sicht drastische Folgen für die Erwerbseinkommen von Frauen: Die bestehende Lohnlücke zwischen den Geschlechtern dürfe sich dann durch die Corona-Krise noch weiter vergrößern.