Versicherer muss Urlaubsausgaben für Betreuungskräfte übernehmen

Karlsruhe (epd). Wegen eines medizinischen Behandlungsfehlers behinderte Menschen müssen auch im Urlaub betreut werden können. Hat sich ein Haftpflichtversicherer bereiterklärt, die medizinisch notwendigen Pflege- und Betreuungskosten zu übernehmen, gehören dazu bei einem Urlaub auf Gran Canaria auch die Mehrkosten für begleitende Betreuungspersonen, entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe in einem am Mittwoch veröffentlichten Urteil. (AZ: VI ZR 316/19)

Im Streitfall ging es um eine heute 31-jährige schwerst behinderte Frau aus Kassel. Wegen eines medizinischen Behandlungsfehlers während ihrer Geburt kann sie sich nicht verbal äußern und ist auf eine Rundumbetreuung angewiesen.

Der Haftpflichtversicherer des Krankenhauses hat den medizinischen Behandlungsfehler anerkannt und der Frau ein Schmerzensgeld in Höhe von 550.000 Mark (281.210 Euro) gezahlt. In einem Vergleich erklärte sich der Versicherer bereit, ab dem 25. Lebensjahr alle notwendigen medizinischen Betreuungs- und Pflegekosten zu übernehmen.

Als die Frau zusammen mit ihren Eltern und einer weiteren Betreuungsperson für eine Woche in ein für behinderte Menschen spezialisiertes Hotel nach Gran Canaria in den Urlaub fuhr, wollte sie die Reisekosten für die Betreuungspersonen erstattet haben, insgesamt 4.080 Euro. Der Versicherer lehnte ab. Die Reise sei nicht "medizinisch notwendig" gewesen. Die Kosten könne sie aus dem Schmerzensgeld begleichen.

Der BGH gab der Frau jedoch recht. Sie benötige eine Rundumbetreuung, so dass die Betreuungsperson notwendig war. Zur vereinbarten Übernahme der Pflege- und Betreuungskosten gehörten nicht nur die am Wohnort der Klägerin angefallenen Aufwendungen. Auch bei einer Veränderung des Aufenthaltsortes müssten diese übernommen werden. Anderenfalls wäre "eine Teilhabe am gesellschaftlichen und kulturellen Leben ... erschwert", so das Gericht.

Es handele sich hier um behinderungsbedingte Mehraufwendungen, dessen Übernahme der Versicherer in seinem Vergleich zugesichert hatte. Nur wenn mit der Ortsveränderung unverhältnismäßige, nicht zumutbare Aufwendungen anfielen, müssten die Kosten nicht übernommen werden, entschied der BGH. Dies sei hier aber nicht der Fall.