Bundesgerichtshof erlaubt Vaterwechsel

Karlsruhe (epd). Auch wenn der Ehemann bei der Heirat wusste, dass ein noch ungeborenes Kind nicht von ihm stammt und er dennoch in die Vaterrolle schlüpfen will, kann die Mutter später die Vaterschaft anfechten. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe in einem am Montag veröffentlichten Beschluss entschieden. (AZ: XII ZR 321/19)

Im vorliegenden Streitfall hatte sich ein Paar mehrfach getrennt und wieder versöhnt. Während einer Trennungsphase wurde die Frau von einem anderen Mann schwanger. Danach entschied sie sich wieder für ihren vorherigen Partner und heiratete ihn 2016. Der frisch gebackene Ehemann wusste, dass das Kind nicht von ihm abstammt. Mit der Geburt der Tochter im Oktober 2016 wurde er nach den gesetzlichen Bestimmungen automatisch rechtlicher Vater.

Doch mit der Ehe wollte es nicht klappen. Das Paar trennte sich erneut. Im Juli 2018, nur wenige Monate vor ihrer Scheidung, beantragte die Frau gerichtlich die Feststellung, dass ihr Ehemann nicht der Vater der Tochter sei.

Der wollte jedoch weiter als rechtlicher Vater die volle Verantwortung für das Kind tragen. Das Recht auf Vaterschaftsanfechtung habe seine Ex-Partnerin verwirkt, lautete seine Begründung. Denn bei der Eheschließung sei bereits klar gewesen, dass er nicht der leibliche Vater sei.

Doch der BGH billigte jetzt die von der Mutter angestrebte Vaterschaftsanfechtung. Als Folge wurde der biologische Vater rechtlicher Vater. Nach dem Gesetz könne die Vaterschaft sowohl von der Mutter als auch von infrage kommenden Vätern innerhalb von zwei Jahren ab Geburt des Kindes angefochten werden. Dabei spiele es keine Rolle, dass der Ehemann bei der Hochzeit von seiner nicht bestehenden Abstammung zum Kind wusste.

Die gesetzliche Regelung stelle eine "Überlegungsfrist" dar, ob es bei der "Eltern-Kind-Zuordnung bleiben soll", befand der BGH. Eine besondere Härte für das Kind sei damit nicht verbunden, weil bei einem Vaterwechsel innerhalb dieser Zeit Beeinträchtigungen der seelischen Entwicklungen des Kindes nicht zu erwarten seien.

Unter Umständen könne der geschiedene Ehemann aber als "enge Bezugsperson" gelten, so dass er trotz seines Verlustes der rechtlichen Vaterschaft ein Umgangsrecht beanspruchen könne, so der BGH.

epd fle