Kassel (epd). Krankenkassen dürfen im Rahmen der häuslichen Krankenpflege die Kostenübernahme für das Anziehen von Kompressionsstrümpfen nicht pauschal verweigern. Kann das Anziehen der Kompressionsstrümpfe, etwa zur Vorbeugung von Wassereinlagerungen in den Beinen, nur von medizinischem Fachpersonal durchgeführt werden, ist grundsätzlich die Krankenkasse zuständig, urteilte am Donnerstag das Bundessozialgericht (BSG). (AZ: B 3 KR 4/19 R) Die Kasseler Richter grenzten sich hier von einem BSG-Urteil aus dem Jahr 2015 ab, nach dem das Anziehen von Thrombosestrümpfen dagegen eine von Laien zu leistende "einfache Tätigkeit" darstellt und nicht von der Krankenkasse bezahlt werden muss.
Im Streitfall ging es um eine schwerst behinderte, an einer Stoffwechselstörung leidende Frau, die in einer Behindertenhilfeeinrichtung untergebracht war. Um Wassereinlagerungen in ihren Beinen vorzubeugen, hatten ihre Ärzte ihr im Rahmen der häuslichen Krankenpflege Kompressionsstrümpfe der Klasse II verordnet. Der Heimträger hatte vertraglich die Ausführung der Behandlungspflege ausgeschlossen und fühlte sich für das Anziehen der Strümpfe nicht zuständig. Daher verlangte die Frau von ihrer Krankenkasse, die AOK Sachsen-Anhalt, die Kostenübernahme für das Anziehen der Kompressionsstrümpfe in Höhe von monatlich bis zu 300 Euro.
Die Krankenkasse verwies auf ein Urteil des BSG vom 25. Februar 2015, wonach einfachste Pflegetätigkeiten vom Personal des Heimes durchgeführt werden müssen (AZ: B 3 KR 10/14 R und B 3 KR 11/14 R). Als Beispiel wiesen die Kasseler Richter auf das Anziehen von Thrombosestrümpfen hin.
Doch das ist nicht mit Kompressionsstrümpfen gleichzusetzen, befand nun das BSG. Auch der Gemeinsame Bundesausschuss habe mittlerweile den Unterschied von Thrombosestrümpfen und den auf den Patienten abgestimmten Kompressionsstrümpfen verwiesen.
Den konkreten Rechtsstreit verwies das Gericht an das Landessozialgericht Sachsen-Anhalt zurück. Dieses muss nun prüfen, ob die Kompressionsstrümpfe tatsächlich nur von medizinischem Fachpersonal und nicht etwa vom Personal des Heimträgers angezogen werden können.
epd fle