Erfurt (epd). Der Prozess um einen brutalen Neonazi-Überfall auf eine Kirmesgesellschaft im thüringischen Ballstädt vor sechs Jahren muss neu aufgerollt werden. Der Bundesgerichtshof habe das Urteil gegen zehn Neonazis vom Mai 2017 jetzt aufgehoben, teilten die Opferberatung Ezra und Vertreter der Nebenklage am Wochenende in Erfurt mit. Das Gericht habe zwar keine Zweifel an der Schuld der Angeklagten, bemängele aber Formfehler des Landgerichts Erfurt. Opfervertreter und die Linke mahnten eine rasche Neuaufnahme des Prozesses an. Die Opfer lebten bis heute in Angst.
Bei dem Überfall in der Nacht zum 9. Februar 2014 im Landkreis Gotha erlitten zehn Menschen zum Teil schwere Verletzungen. Das Erfurter Landgericht verurteilte im Mai 2017 zehn von 15 Angeklagten zu mehrjährigen Haftstrafen. Die Höhe der Haftstrafen betrug bis zu drei Jahren und sechs Monaten. Eine Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt. Für vier Angeklagte endete das Verfahren mit einem Freispruch.
Die Revision der Verurteilten beim Bundesgerichtshof führte nach drei Jahren nun offenbar zum Erfolg. Laut Opfervertretern wurde das Urteil wegen Formfehlern aufgehoben und zur erneuten Verhandlung an eine andere Kammer zurückverwiesen. So habe der BGH bemängelt, dass ein der Verurteilung zugrundeliegendes DNA-Gutachten nicht ausführlich genug zitiert wurde. Auch sei zu unsauber dargestellt, weshalb belastenden Angaben eines Mitangeklagten besondere Glaubwürdigkeit zugesprochen wurde.
Damit bleiben die Täter laut Ezra seit nun sechs Jahren straffrei. Ezra forderte wie die Nebenklagevertreter und die Linken-Bundestagsabgeordnete Martina Renner eine rasche Neuaufnahme des Prozesses. Ezra-Berater Robert Friedrich sagte: "Nach über sechs Jahren können die Betroffenen immer noch nicht abschließen und müssen die Belastungen eines Gerichtsverfahrens erneut ertragen." Die Angst vor den teilweise in direkter Nachbarschaft lebenden Tätern bleibe. Die Angegriffenen fühlten sich vom Rechtsstaat alleingelassen.