Karlsruhe (epd). Krankenkassen dürfen vorerst weiter namentlich unkenntlich gemachte Patientendaten ohne Zustimmung des Versicherten für Forschungszwecke auswerten und weitergeben. Das Bundesverfassungsgericht wies mit einem am Donnerstag veröffentlichten Beschluss den Eilantrag eines an einer seltenen Erbkrankheit leidenden Mannes zurück, der befürchtete, dass er trotz anonymisierter oder pseudonymisierter Daten identifiziert werden kann. (AZ: 1 BvQ 1/20).
Der Bundestag hatte am 7. November 2019 dem Digitale-Versorgung-Gesetz zugestimmt. Dieses sieht unter anderem vor, dass Krankenkassen bestimmte Gesundheitsdaten wie etwa Medikamenteneinnahmen sowie Angaben zu Geschlecht, Alter oder Wohnort erheben und an den Spitzenverband Bund der Krankenkassen als Datensammelstelle weitergeben dürfen.
Die gesammelten Daten sollen dann an ein noch einzurichtendes Forschungszentrum übermittelt werden. Die Daten werden möglichst anonymisiert oder zumindest pseudonymisiert, so dass der auf diese Weise namentlich unkenntlich gemachte Versicherte nicht identifizierbar sein soll. Zweck der Datenauswertung ist es, die medizinische Forschung, die Bewertung der Gesundheitsversorgung oder auch politische Entscheidungen zu unterstützen. Auch der Nutzen möglicher Gesundheits-Apps für Handys könnten so überprüft werden.
Im Streitfall wollte der Antragsteller per einstweiliger Anordnung die Auswertung und Weitergabe vorerst stoppen. Er befürchte, dass er trotz Pseudo- und Anonymisierung der Daten identifiziert und seine Erbkrankheit offenbart werden könne.
Die Verfassungsrichter lehnten den Antrag ab. Zwar hätten viele erfassten Daten einen "sensiblen Charakter". Die flächendeckende Erhebung könne auch mit einem Eingriff in das Persönlichkeitsrecht verbunden sein. Dem stünden aber Gemeinwohlbelange wie die Verbesserung des Gesundheitswesens entgegen. Die Zulässigkeit der Bestimmungen könne letztlich nur im Hauptsacheverfahren geklärt werden, erklärten die Karlsruher Richter.