Berlin (epd). Die angekündigte Freilassung aller im Jemen inhaftierten Bahai verzögert sich nach Angaben von Menschenrechtlern seit mehr als einem Monat. Ungeachtet einer Anordnung zur Freilassung Ende März befänden sich Angehörige der Glaubensgemeinschaft noch immer in Haft, teilte der der Nationale Geistige Rat der Bahai in Deutschland am Mittwochabend in Berlin mit. Dessen Menschenrechtbeauftragter Jascha Noltenius forderte die sofortige und bedingungslose Freilassung.
Im Fall von 19 weiteren wegen ihres religiösen Glaubens beschuldigten Bahai sei die Anklage nicht wie gefordert fallengelassen worden, sagte Noltenius dem Evangelischen Pressedienst (epd). Bei einer Anhörung sei die Verhandlung lediglich auf den 9. Juni vertagt worden.
Die Huthi-Führung im Jemen hatte der Bahai-Gemeinde in Deutschland zufolge am 25. März angekündigt, alle im Land inhaftierten Bahai freizulassen. Auch der wegen Spionage für Israel angeklagte Hamed bin Haydara werde begnadigt, sagte demnach der Präsident des Obersten Politischen Huthi-Rates, Mahdi al-Maschat. Die Huthi-Gruppe bildet laut Noltenius im Norden des Jemen und in der Hauptstadt Sanaa die De-facto-Regierung.
Für den zum Tode verurteilten Haydara hatte sich auch die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Bärbel Kofler (SPD), eingesetzt. Haydara war im Dezember 2013 in Haft genommen und am 2. Januar 2018 zum Tode verurteilt worden.
Die Glaubensgemeinschaft der Bahai hat weltweit rund sieben Millionen Angehörige, davon bis zu 2.000 im Jemen. In Gebieten, die nicht von den Huthi kontrolliert werden, gibt es laut den Bahai in Deutschland keine Verfolgung.
Die Bahai-Religion geht auf den Stifter Baha Ullah (1817-1892) zurück. Die aus dem Persischen stammende Universalreligion lehrt einen Monotheismus eigener Prägung. Die Bahai verpflichten sich der Toleranz, dem Frieden und einer humanitären Vision des sozialen Fortschritts. Im Iran werden sie stark verfolgt. In Deutschland gibt es etwa 6.000 Bahai.
Im Jemen kämpfen die Regierung und eine Militärkoalition unter Führung von Saudi-Arabien seit fünf Jahren gegen die Huthi-Rebellen, die vom Iran unterstützt werden. 80 Prozent der rund 30 Millionen Jemeniten brauchen humanitäre Hilfe und Schutz. Die UN bezeichnen den Konflikt derzeit als die größte humanitäre Krise weltweit, mehr als 10.000 Menschen wurden getötet.