Berlin (epd). Die Corona-Kontaktbeschränkungen dürfen nach Ansicht des früheren Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, nur vorübergehend gelten. Die Kontaktbeschränkungen und Betriebsschließungen stellten "sehr einschneidende und schwerwiegende Grundrechtseingriffe dar", sagte der ehemals höchste Richter Deutschlands den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Samstag). Diese drastischen Freiheitsbeschränkungen müssten gelockert werden, sobald sie zum Schutz von Leben und Gesundheit der Bevölkerung "nicht mehr zwingend erforderlich" seien.
Als problematisch wertete Papier, dass die Freiheitsbeschränkungen ohne Beteiligung des Bundestages beschlossen wurden. Nach den grundgesetzlichen Prinzipien der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit sei es Sache des Parlaments, wesentliche Fragen der Grundrechtsausübung und der Freiheitsbeschränkungen "durch Gesetz selbst zu regeln, erklärte der Verfassungsrechtler. Dies dürfe nicht für eine gewisse Dauer allein Regierung und Verwaltung überlassen werden.
Lockerungen der Einschränkungen seien nicht nur politisch, sondern gerade rechtlich geboten, erklärte Papier. Allerdings seien einige der beschlossenen Lockerungen verfassungsrechtlich problematisch, etwa dass Geschäfte mit einer Verkaufsfläche von bis zu 800 Quadratmetern unter Auflagen wieder öffnen dürften. Geschäftsinhaber mit einer größeren Verkaufsfläche könnten "die gebotenen Abstandsregelungen vielleicht sogar besser umsetzen als Geschäftsinhaber mit kleinerer Verkaufsfläche". Nach dem Gleichheitssatz des Grundgesetzes seien "Differenzierungen zwischen Personen der gleichen Vergleichsgruppe nur bei Einhaltung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes" erlaubt.