Karlsruhe (epd). Gefängnis-Personal muss vor dem Betreten eines Haftraumes ohne bestehenden Sichtschutz zur Toilette grundsätzlich erst einmal Anklopfen. Nur so werden sie dem "Rücksichtnahmegebot" gegenüber den Gefangenen und deren Schutz der Intimsphäre gerecht, entschied das Bundesverfassungsgericht in einem am Donnerstag veröffentlichten Beschluss. (AZ: 2 BvR 1273/19)
Im konkreten Fall ging es um einen Gefangenen, der in einem Einzelhaftraum seine Haftstrafe verbüßen musste. Die Zelle verfügte zwar über eine Toilette. Darauf war jedoch für das Gefängnispersonal die freie Sicht möglich. Der Gefangene verlangte daher zum Schutz seiner Intimsphäre die Installation eines Sichtschutzvorhangs.
Das Bundesverfassungsgericht stellte fest, dass ein in einem Einzelhaftraum fehlender Sichtschutz zum Klo nicht die Menschenwürde verletzt. Allerdings habe ein Gefangener durchaus Anspruch darauf, seine "körperlichen Bedürfnisse unter Wahrung der eigenen Intimsphäre zu verrichten".
Das Gefängnispersonal sei daher grundsätzlich gehalten, vor dem Betreten des Haftraumes anzuklopfen oder sich anders bemerkbar zu machen. Bei Verstößen könnten sich Gefangene beim Anstaltsleiter beschweren oder Antrag auf eine gerichtliche Entscheidung stellen.