Zum ersten Mal in der 60-jährigen Geschichte der Ostermarsch-Bewegung hat es in diesem Jahr keine Kundgebungen auf den Straßen gegegeben: Aktionen wurden ins Netz verlegt oder fanden privat in Gärten und auf Balkonen statt. Beim "Online-Ostermarsch Rhein-Ruhr" gab es am Montag unter anderem in Bochum-Werne einen Online-Friedensgottesdienst ohne Kirchgänger.
"Vor dem Hintergrund, dass das für uns alle Neuland war, sind wir mit der Resonanz und Beteiligung der Mitglieder aus Friedensbewegung, Anti-Atom-Bewegung und Klimaschützern zufrieden", sagte der Mitorganisator des digitalen Ostermarsches Rhein-Ruhr, Joachim Schramm, dem Evangelischen Pressedienst (epd).
Hunderte Menschen hätten ihre Fotos von ihren privaten Aktionen auf Balkonen, in Gärten oder bei Spaziergängen an das Ostermarschbüro geschickt, sagte der NRW-Landesgeschäftsführer der Deutschen Friedensgesellschaft - Vereinigte Kriegsdienstgegner. Zudem hätten rund 500 Personen das Video zu Auftakt am Karsamstag mit Rede- und Musikbeiträgen zum Online-Ostermarsch Rhein-Ruhr angeklickt.
Der "Online-Ostermarsch Rhein-Ruhr 2020" fand unter dem Motto "Atomwaffen verbieten - Klima schützen - Nein zur EU-Armee" statt. Auf Transparenten im Ruhrgebiet hieß es mit Bezug auf die Corona-Krise "Geld für Gesundheit statt für Rüstung" oder "Beatmungsgeräte statt Atombomber".
Kritik an Ausweitung der Militärausgaben
Schramm vom Büro des Ostermarsches Rhein-Ruhr kritisierte, dass die Politik in Deutschland trotz der aktuellen Corona-Krise mit ihrer Ausweitung der Militärausgaben "einfach so weitermacht". Er wies dazu auf die Ankündigung von Bundesverteidigungsministerin Annegret Kamp-Karrenbauer (CDU) hin, die während der Ostertage erklärt habe, am Ankauf neuer Atombomber festzuhalten. "Das zeigt, wie notwendig unser Engagement ist und wie schade, dass wir unseren Protest dagegen nicht auf die Straße bringen konnten."
Der langjährige Organisator des Ostermarsches Rhein-Ruhr wies auch auf einzelne Aktionen von Mitgliedern der Friedensbewegung hin, die etwa in Duisburg oder in Bonn mit mehreren Personen unter Einhaltung der Abstandsregeln für Frieden und gegen eine weitere Militarisierung protestiert hatten. In den vergangenen Jahren nahmen an den regionalen Aktionen bis zu 2.500 Menschen teil.
Auch das Bremer Friedensforum und das Friedenszentrum in Braunschweig hatten ihre "Ostermärsche" mit Redebeiträgen und Forderungen online gestartet. Gerade in Corona-Zeiten werde die Notwendigkeit einer friedens- und abrüstungspolitischen Wende überdeutlich, so die Initiatoren. Sie forderten "weniger Mittel für todbringende Rüstung und Kriegseinsätze" und mehr für den Gesundheits- und Sozialbereich sowie für Klimaschutz.
Das Friedensbüro Hannover veröffentlichte auf seiner Internetseite Fotos von "Osterspaziergängern", die Plakate mit Forderungen der Friedensbewegung hoch hielten. Auf der Internetseite warnte der Hamburger Schauspieler Rolf Becker vor einer Lastenverteilung von oben nach unten angesichts wirtschaftlicher Folgen der Corona-Pandemie. Der Waffenexport bleibe uneingeschränkt, kritisierte er. "Die Einschränkung demokratischer Rechte, bislang von der Mehrheit der Bevölkerung noch hingenommen, schreitet fort."
Die Ostermärsche hatten ihren Ursprung Ende der 50er Jahre in Großbritannien. Den ersten Ostermarsch in der Bundesrepublik gab es 1960 in der Lüneburger Heide. Zu den Hochzeiten der Friedensbewegung zu Beginn der 80er Jahre kamen Hunderttausende zu den Kundgebungen. Danach wurde die Ostermarschbewegung schwächer, erlebte aber wegen Kriegen, etwa in Jugoslawien, immer wieder Zulauf.