Berlin (epd). In der Debatte über befürchtete Auswahlentscheidungen von Ärzten aufgrund knapper Ressourcen in der Corona-Krise hat die Konrad-Adenauer-Stiftung eine Diskussion über die Rolle des Gesetzgebers angemahnt. "Der Regelungsfähigkeit des Gesetzgebers von vornherein zu misstrauen, wäre in der parlamentarischen Demokratie ein fragwürdiges Signal", schreibt die Rechtsexpertin der CDU-nahen Stiftung, Katja Gelinsky, in einem am Donnerstag veröffentlichten Papier mit Blick auf die Empfehlung des Deutschen Ethikrats.
Nach dessen Auffassung sollte der Staat keine Kriterien für die sogenannte Triage definieren, bei der Patienten nach Dringlichkeit und Schwere der Erkrankung sortiert werden. Gelinsky schreibt dagegen, die politische Debatte über das heikle Thema zu meiden, sei "der existentiellen Tragweite des Problems nicht angemessen". Nach der sogenannten Wesentlichkeitslehre des Bundesverfassungsgerichts sei ein Parlamentsgesetz in grundlegenden normativen Bereichen erforderlich, "vor allem bei weitreichenden Auswirkungen auf die Grundrechte der Bürger", heißt es im Papier.
Die Autorin verweist darauf, dass Hauptbetroffene solcher Entscheidungen Patienten sind. "Für sie geht es um Leben und Tod", schreibt sie. Auch für Ärzte sei die Frage aber relevant, da es anders als bei der Organspende für die Pandemie keine Kriterien für die Verteilung lebensrettender Güter gibt. "Das bedeutet allerdings nicht, dass Ärzte, die darüber entscheiden müssen, welche Patienten in lebensbedrohlicher Lage anstelle anderer Patienten Beatmungsgeräte bekommen, im rechtsfreien Raum handeln", schreibt sie.
Der Ethikrat hatte in seiner vor rund zwei Wochen veröffentlichen Stellungnahme zur Corona-Pandemie betont, dass der Staat keine Handlungsmaxime für die Triage vorgeben sollte. "Der Staat darf menschliches Leben nicht bewerten, und er darf deshalb auch nicht vorschreiben, welches Leben in einer Konfliktsituation vorrangig zu retten ist", heißt es in seiner Stellungnahme. Das Gremium verwies auf die Verantwortung von Fachgesellschaften, deren inzwischen vorgelegte Empfehlungen kontrovers diskutiert werden.