Berlin (epd). Der Kirchenrechtler Hans Michael Heinig hat innerkirchliche Kritik an Kirchenschließungen und dem vorübergehenden Verzicht auf Gottesdienste in der Corona-Krise zurückgewiesen. Zwar stelle das temporäre Verbot, sich zu Gottesdiensten zu versammeln, einen "besonders schwerwiegenden Grundrechtseingriff" dar, legte der Professor für Öffentliches Recht und Kirchenrecht an der Universität Göttingen in einem Beitrag für das Magazin "Zeitzeichen" dar. Ohne die massive Intervention in das öffentliche Leben würden aber angesichts der exponentiellen Ausbreitung des Virus das Gesundheitssystem in kürzester Zeit zusammenbrechen und Hunderttausende Menschen sterben, so Heinig.
Für die Kirche sei es daher ebenso schmerzhaft wie richtig, zum Schutz des Gemeinwesens für einige Wochen auf gottesdienstliche und andere kirchliche Versammlungen zu verzichten. Das "Lamentieren einiger kirchlicher Kreise über den zeitweisen Verzicht auf Gottesdienste" erscheine "bemerkenswert selbstsüchtig und kurzsichtig", so der Jurist, der auch Leiter des Kirchenrechtlichen Instituts der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) ist.
Zugleich wies Heinig darauf hin, dass staatliche Gebote und Verbote verhältnismäßig ausfallen müssten. "Prüfposten für die verfassungsrechtliche Angemessenheit gegenwärtiger infektionsrechtlicher Interventionen muss die drohende Lage bei ungehindertem Infektionsverlauf sein", so der Kirchenrechtler. "Social distancing" sei derzeit angesichts der Corona-Pandemie "die einzig sinnvolle Public- health-Strategie".
epd jup